1.) Seit dem 16. Jahrhundert kümmern sich die Landesherren vermehrt um alltägliche (sittliche) Belange ihrer Untertanen (Kriminalisierung des Alltags: Fluchen, Zutrinken, Ehebruch und Leichtfertigkeit werden strafbar); die Landesherren fürchten von Gott für die Verfehlungen ihrer Untertanen zur Rechenschaft gezogen zu werden (durch Seuchen, Hungersnöte, Türken, Naturkatastrophen).
Leichtfertigkeit: In Bayern seit 1553 strafbar, im Jahr 1629 wurde eine eigene Kommission dafür eingesetzt; durch das Mandat vom 20.9.1635 wollte Kurfürst Maximilian I. energisch gegen die sich - seiner Meinung nach - immer mehr ausbreitende Unsittlichkeit mit strafrechtlichen Mitteln vorgehen; heimliche Zusammenkünfte von Manns- und Weibspersonen wurden streng untersagt; auf Bauernhöfen sollten Manns- und Weibspersonen getrennte und möglichst abschließbare Schlafstätten haben.
Strafen für das Delikt: Männer in den Stock, die Frauen in die Geige, und wenn möglich Geldstrafen; wenn sie kein Geld haben, dann längere Stock- beziehungsweise Geigenstrafen. Im Wiederholungsfalle höhere Geldstrafen, beziehungsweise längere Stock- und Geigenstrafen, beim dritten Mal eventuell Landesverweis; das Delikt der Leichtfertigkeit war auch dann gegeben, wenn die Geburt eines Kindes früher als 9 Monate nach der Hochzeit war, in solchen Fällen wurde von den Beschuldigten oft, aber fast immer vergeblich das Argument einer Frühgeburt ins Treffen geführt; sie wurden in fast allen Fällen bestraft.
Das Delikt der Kindstötung ist die Folge der strengen Strafen bei Leichtfertigkeit; in Bayern ist ein Großteil der Hinrichtungen Mitte des 17. Jahrhunderts auf Kindsmörderinnen zurückzuführen; eine Zeit lang waren sogar verheimlichte Schwangerschaften und Totgeburten unter Strafe gestellt; erst 1813 wurde die Todesstrafe für die Kindstötung abgeschafft. Siehe Kindstötung.
2.) Un-, vor- oder außereheliche sexuelle Beziehungen, die unter Strafe standen und je nach Hofmarkszugehörigkeit mehr oder weniger streng geahndet wurden. Die Strafen reichten von Geld- und Ehrenstrafen (vor allem Prangerstrafen) bis zur Ausweisung aus dem Herrschaftsgebiet im Wiederholungsfall. In manchen Taufbüchern findet sich bei den Einträgen von nichtehelichen Kindern (siehe Kinder-, illegitime) der Zusatz „1. Fall", „2. Fall" et cetera, das musste der Pfarrer wegen der Festsetzung der Strafhöhe festhalten. In Bayern schaffte Montgelas 1808 alle Strafen für Leichtfertigkeit ab.
Bayern.
<p>2.) Riepl, Reinhard, Wörterbuch zur Familien- und Heimatforschung in Bayern und Österreich. 2. Auflage, Waldkraiburg, 2004. S. 235.</p>
<p>1.) Fußl, Peter, Transkriptionen aus Originalquellen.</p>