Gerichtsbarkeit


Gerichtsbarkeit



Bis 1848 durch die Grundherrschaft ausgeübt. Siehe auch Gerichtsherrschaft, Gericht. Freiwillige Gerichtsbarkeit: Siehe hier unter Niedergerichtsbarkeit. Blutgerichtsbarkeit: Siehe hier unter Hochgerichtsbarkeit. Dorfgericht (Ehaftschranne, Ehaftgericht): Niedere Gerichtsbarkeit in Dörfern. Das Dorfgericht ahndete Verstöße gegen die Dorfordnung (siehe unter Ehaft) und war meist zuständig für Brunnen-, Zaun- (Grenz-), feuerpolizeiliche Angelegenheiten, Streitereien auf der Gasse et cetera, vergleiche auch Dorfhauptmann, Dorfvierer, Richter, siehe auch Ruggericht. Hochgerichtsbarkeit / hohe Gerichtsbarkeit (Blutgerichtsbarkeit, Blutbann): War für Vergehen zuständig, auf welche die Todesstrafe stand (ursprünglich Mord, Vergewaltigung, Diebstahl, und Straßenraub), vergleiche Viztumshändel. Die strafrechtliche Kompetenz des Hochgerichtes wurde auch als Malefiz- oder Halsgericht bezeichnet, abgeleitet vom Erhängen. Symbol des Halsgerichtes ist der Galgen. Mit geringeren Rechtsverstößen befasste sich die Niedergerichtsbarkeit. Hofgericht (Kammergericht): 1) Diente den Herzögen im Kurfürstentum Bayern bei allen Streitfällen zwischen den verschiedenen Obrigkeiten als Schieds- und Schlichtungsstelle und war das oberste Gericht und die letzte Instanz für bayrische Untertanen. Unter dem Vorsitz des Hofmeisters oder des Kanzlers tagte der Hofrat regelmäßig. 2) In der Regel unter der Leitung des Hofrichters (Mannrichters), eines weltlichen Beamten, stehendes Gericht eines Stiftes. 3) Lehensgericht (Manngericht), das sich mit Streitigkeiten aus der Verleihung von Lehensgütern befasste. Hofmarksgericht: Siehe hier unter Niedergerichtsbarkeit, siehe auch Hofmark. Landgerichte: Entsprachen weitgehend den Pflegegerichten. Bis 1862 vereinigten sie die Funktion von Justiz, Verwaltung (entsprechend den heutigen Landratsämtern) und Notariat in sich. Die alten Landgerichte gehörten zur Niedergerichtsbarkeit und konnten Geldstrafen nur bis zur Höchstgrenze von 5 Pfund Pfenningen (siehe unter Masse und Münzen) und Ehrenstrafen verhängen. Marktgericht: Siehe Marktrichter. Niedergerichtsbarkeit/niedere Gerichtsbarkeit: Die Niedergerichtsbarkeit behandelte neben der Ahndung kleinerer Vergehen auch Klagen der Untertanen. In Bayern wurde die Niedergerichtsbarkeit bis zur Aufhebung 1848 von den Grundherren ausgeübt. Sie hieß, je nach Herrschaftsform, Patrimonial-, (ab 1803); Hofmarks-, Pfleg- oder Landgericht. Der Grundherr hatte das Gericht auf eigene Kosten zu unterhalten und bezog dafür die Gerichtseinnahmen (siehe Tax). Die Niedergerichtsbarkeit umfasste auch die freiwillige Gerichtsbarkeit, daher die Beurkundung von Verträgen, z.B. bei Testamentssachen und Hofübergaben (Grundbuchangelegenheiten), Heiratsbewilligungen et cetera und die Polizeigerichtsbarkeit (Marktaufsicht und Überwachung von Maßen, Gewichten und Münzen, Feuer- und Lebensmittel-, Bach- und Mühlbeschau, Ordnung in Handel und Gewerbe und die Wahrung der Sitten, vor allem die Ahndung der Leichtfertigkeit, siehe auch Polizeyrecht). Auch das Recht zur Steuerveranlagung, die Musterung der wehrhaften Mannschaften, das Recht zur Inventur des Nachlasses (siehe Inventar). Die Straf- und Rechtsfälle wurden in Briefprotokollen und Gerichtsbüchern aufgezeichnet. Patrimonialgericht: Gericht einer Hofmark beziehungsweise eines adeligen Gutsherren. Die Patrimonialgerichte wurden in Bayern 1848 aufgehoben, siehe auch hier unter Niedergerichtsbarkeiten. Pfleggericht: Siehe auch hier unter Landgericht. Verwaltungsbezirk, entsprechend im weitesten Sinn dem heutigen Landkreis. Oberbehörde für das Pfleggericht war das Rentamt, dem der Rentmeister vorstand. Im Unterland (Niederbayern) waren die Pfleggerichte vielfach durchbrochen von Städten, Märkten und Hofmarken mit eigener verwaltungsmäßiger und gerichtlicher Niedergerichtsbarkeit, welche den Pflegrichtern entzogen waren. Jedem Pfleggericht stand ein Pfleger (Pflegrichter, siehe auch Pflegverwalter) vor, der alle staatlichen Hoheitsrechte wahrnahm und auch das militärische Aufgebot seines Sprengels führte. Die Pfleger waren sowohl Justizbeamte (Richter) als auch Verwaltungsbeamte. Zu ihren Aufgaben und Rechten gehörte neben denen der Niedergerichtsbarkeit auch die militärische Sicherung und Verteidigung der Grenzen, die Aufstellung von Amtmännern, die Einsetzung von Jägern und Förstern et cetera. In den größeren Pfleggerichten wurde der Pfleger von einem Gerichtsschreiber und einem eigenen Kastner unterstützt. Eisenamtmann: Scherge, der als Vollzugsbeamter des Pflegrichters fungierte. Stadtgericht: Siehe Stadtrichter. Vogtgericht: Regelmäßig unter Vorsitz des Vogtes (Vogteiherren) abgehaltene Gerichtssitzung.



<p>1) Riepl, Reinhard, Wörterbuch zur Familien- und Heimatforschung in Bayern und Österreich. 2. Auflage, Waldkraiburg, 2004. S. 146 f.</p> <p></p> <p>2) Fichtinger, Gerlinde, OÖ Forum Volkskultur und OÖ. Volksbildungswerk, (Hg.), Glossar für Heimat- Haus und Familienforschung. Schriftenreihe der Akademie der Volkskultur Nr. 3, Linz, 2003. S. 69.</p>


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