Fuß


Fuß


Mittelhochdeutsch: vuoz, vûz, vôz, vôt. Quelle: Hennig, Beate, Kleines Mittelhochdeutsches Wörterbuch. 4. Auflage, Tübingen, 2001. S. 448. Althochdeutsch: fuoz. Altsächsisch: fōt. Germanisch: fōtu, fōtuz. Quelle: Köbler, Gerhard, Deutsches Etymologisches Wörterbuch. Online, 1995. Eingesehen am 18. August 2008.

1) Längenmaß. Siehe auch Schuh. Die Maßeinheiten waren von Ort zu Ort verschieden. Im späten 16. Jahrhundert tritt der Wiener Klafter auf (1 Schuh = 0,312 Meter, 1 Klafter = 6 Schuh = 1,872 m; ab 1760 1,896 m). Ein Schuh oder Fuß war in 12 Zoll (= 26,3 mm) unterteilt. 2) Messwesen: Frühere Längeneinheit, die von der Länge des menschlichen Fußes abgeleitet wurde, schwankte landschaftlich etwa zwischen 0,25 und 0,34 m. 3) Symbol während der Rechtssprechung: Der Richter solle den Gerichtsstab in der Rechten und mit einem Schwert in der Linken aus der Schrannen in Richtung Osten hinaustreten, unter heitern Himmel, und dann, barhäuptig und den entblößten rechten Fuß auf einen Stein gesetzt, den Totschläger für vogelfrei erklären, dass ihn jeder frei töten könne, ohne dafür irgendeine Strafe gewärtigen zu müssen, niemand dürfe ihn beherbergen, ihm Unterschlupf gewähren und zu essen geben, und wer dies wissentlich tue, der sei selbst in die Acht verfallen. 4) Siehe auch Fußklotz, Fußkugel, Fußblock, Fuß- und Handschellen. 5) Bei allen Völkern dient der menschliche Körper als Ausgangspunkt für Zahl und Maß. Fuß, wie auch Schuh, ist deshalb zunächst ein Längenmaß (zwischen 250 und 429,5 mm, englisch foot = 304,8 mm) wie Finger, Daumen, Faust, Hand, Spann, Elle, Schritt oder Klafter, Faden. J. Grimm überliefert ein Meilenmessen von 1529: zehn Männer stellen ihren rechten Fuß, 20 Schuh sind eine Rute, 60 Ruten ein Morgen, 60 Morgen eine Meile. Fuß ist aber auch Sinnbild von Macht und Herrschaft, des Rechts und des Besitzes. Denn im Fuß stecken Macht und Lebenskraft. Das Setzen eines Fußes auf Grund und Boden ist Zeichen der Besitzergreifung. Bei der Vindikation entlaufenen oder gestohlenen Viehs fasst der Eigentümer das herausverlangte Tier am rechten Ohr, berührt es mit dem Fuß und schwört, dass es seines ist (siehe Anefang). Die Belehnung (siehe Lehnrecht, Lehnswesen) erfolgt oft in einer Weise, dass der Lehnsherr mit seinem rechten Fuß auf denjenigen des Vasallen tritt. Wenn bei der Firmung und ähnlich bei einem älteren Taufritus der Firmling seinen Fuß auf den rechten Fuß des Firmpaten stellt, so sollen damit dessen Eigenschaften dem Firmling zuteil werden (umstritten). Die Macht über den besiegten Feind wird dadurch ausgedrückt, dass der Sieger seinen Fuß auf den am Boden liegenden Feind aufstellt. Daher die Redensart "Jemanden in den Staub treten" (Kleist, Der Prinz von Homburg, letzter Vers). Bei Giorgione stellt die triumphierende Judith zum Zeichen ihres Sieges den linken Fuß auf den toten Holofernes (heute in Sankt Petersburg). Die Drachentöter Georg und Michael stellen einen Fuß auf den erlegten Drachen oder stehen auf ihm mit beiden Beinen. Das Entblößen des Fußes ist Zeichen von Ehrfurcht, Demut und Unterwerfung. Deshalb zieht man an heiligen Stätten die Schuhe aus (2. Moses 3,5, wortgleich Joshua 5, 15). Verbrecher werden barfuß (siehe Barfüßigkeit) zur Hinrichtung geführt. Der Fuß verkörpert aber auch wie die Hand die Wesenheit der göttlichen, menschlichen oder dämonischen Person. Insbesondere die Fußspur begegnet in vielen Heiligenlegenden (siehe Legende) als dauerhaftes Beweisanzeichen (siehe Beweis) für ein als geschichtlich erachtetes Ereignis. In Salzburg und Oberösterreich (siehe Österreich) stößt man öfters auf Spursteine, die dem Heiligen Wolfgang zugeschrieben werden. Fußkranke Menschen stellen ihre Füße in die Spur in der Hoffnung auf Heilung. Einen Dieb (siehe Diebstahl) kann man bannen (festsetzen), indem man mit einem Nagel, am besten einen Sargnagel. oder einer Nadel in seine Fußspur sticht (siehe Diebsbann). Bedeutsam ist die Unterscheidung zwischen rechts und links. Steht man mit dem rechten Fuß zuerst auf, so bedeutet das Glück und Erfolg. Deshalb betritt eine Partei die Gerichtsstube mit dem rechten Fuß, um den Prozess zu gewinnen. Steht man mit dem linken Fuß zuerst auf, so bringt es Unglück, oder derjenige bleibt den Tag über mürrisch. Daher die Redensart "Der ist mit dem linken Fuß aufgestanden". Als schwere Strafe, besonders bei Übergriffen auf die Heimbürgen, droht das Abhauen des Fußes, wobei der linke Fuß den höheren Wert besitzt als der rechte, weil ein Reiter zuerst mit dem linken Fuß in den Steigbügel tritt. König Laurin fordert von denen, die seinen Rosengarten zertreten haben, den linken Fuß. Fußwasser (fueßwasser) steht als Synonym für Schmutzwasser, welches nicht auf die Gasse geschüttet werden darf (Oberösterreichische Weistümer I, 162). 6) Der Totschläger musste, oft bekleidet mit dem Totenhemd oder dem Büßerhemd, manchmal auch barfuß, mit Kerzen in den Händen, vom Tatort zur Kirche und dann zum Grab gehen, niederknien und um Verzeihung bitten. Zuweilen musste er die Hand des Opfers, die die Verwandten als Leibzeichen für den Prozess aufbewahrt hatten, entgegennehmen und begraben.

Maßeinheit Fuß: In Großbritannien und den USA noch gebräuchlich: 1 ft = 12 inches = 0,3048 m. <p><em>Quelle: http://lexikon.meyers.de/meyers/Fuß, eingesehen am 07. August 2008.</em></p>


<p>1) Hennig, Beate, Kleines Mittelhochdeutsches Wörterbuch. 4. Auflage, Tübingen, 2001. S. 448.</p> <p>1+3) Mahlknecht, Bruno, Von großen und kleinen Übeltätern, Hundert "Fälle und "Geschichten" aus Südtiroler Gerichtsakten des 16. Jahrhunderts. Innsbruck, 2005. S. 81.</p> <p>2) http://lexikon.meyers.de/meyers/Fuß, eingesehen am 07. August 2008.</p> <p>5) Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 2. Auflage, 8. Lieferung. Artikel Schempf.</p> <p>6) Schild, Wolfgang, Die Geschichte der Gerichtsbarkeit. Vom Gottesurteil bis zum Beginn der modernen Rechtssprechung, München, 1980. S. 153.</p>


Kocher, Gernot, Stichwortsammlung privat.
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