Friedhof


Friedhof

Freithof

Althochdeutsch: frîthof Mittelhochdeutsch: vrîthof; vom Gotischen: freidjan temperare (wie es heißt temperatum est templis) Altsächsisch: frîdôn Althochdeutsch: frîtan Mittelhochdeutsch: vrîten, man sagte auch vrîtgadem Neuhochdeutsch: freithof πολυανδριον, tumulus mortuorum, locus sepulturae, atrium Man sagt heute Friedhof, gleichsam Stätte des Friedens und der Ruhe oder gefriedeter, gefriedigter Ort. Quelle: Grimm, Jacob und Wilhelm, Deutsches Wörterbuch. Band 4, Leipzig, 1971. Spalten 123 - 128.

1) Schon in prähistorischer Zeit wurden Friedhöfe, zumindest Gräberfelder (siehe Grab), angelegt. Im antiken Persien umhegte man die Totenäcker mit einen Faden, um sie so zu schützen. Tacitus und andere Chronisten des Altertums berichten dagegen, dass in Germanien die Toten mit allem, was ihnen teuer war, verbrannt wurden (siehe Germania 27,1). Unter dem Einfluss des Christentums wurden die Toten wie Christus in der Hoffnung auf Auferstehung begraben (siehe Begräbnis), und zwar zunächst in oder wenigstens an Kirchen. Der bevorzugte Begräbnisplatz für Wohltäter des Klosters im schwäbischen Maulbronn war das so genannte Paradies, die Vorhalle der Klosterkirche. Aus dieser Übung wurden um die Kirchen ringförmige Begräbnisplätze angelegt, die Kirchhöfe, die zu den Kernbezirken der Siedlungen gehörten. Sie waren bis auf einen offenen Zugang umfriedet und exklusiv nur für die Dorfbewohner bestimmt. Verbrecher (siehe Verbrechen), Selbstmörder (siehe Selbstmord), Unehrliche (siehe Unehrlichkeit), Ketzer und Fremde hatten dort keinen Platz. Sie erhielten entweder ein "unehrliches Begräbnis" am Schindanger, unter dem Galgen (Eselsbegräbnis) oder wurden außerhalb des Friedhofes beigesetzt (Fremdbestattung, Fremdenfriedhof). Auch ungetaufte Kinder und im Wochenbett gestorbene Frauen erhielten einen besonderen Platz (Engelsgottesacker, Unschuldigenfriedhof). So genannte Beinbrecher, eiserne Gitter, die über eine Grube gelegt werden, wie sie noch heute auf Almwegen gebräuchlich sind, hinderten das frei laufende Vieh am betreten des offenen Friedhofes. Der Grund für den offenen Zugang war, dass ein Asylsuchender leicht in den Schutz des Friedhofes gelangen konnte. Denn der umhegte Freidhof war auch Asylbezirk (siehe Asyl). Als Mittelpunkt der Siedlung war der Friedhof auch Rechtsort. Auf ihm standen oft Linde und Gemeindebank, deshalb war er auch Platz für die Gemeindeversammlung, Gerichtsstätte und Verkündungsort für gemeindliche Anordnungen (siehe Verkündplätze). In die Friedhofsmauer sind Maße, Halseisen (siehe Pranger) und Sühnekreuze (siehe Kreuz) eingelassen, gelegentlich auch eine Freiungstafel. Die Gätteri (Beinbrecher) diente besonders in der Schweiz als Ort für den Vollzug des Kirchenprangers. 2) Atrium, Coemeterium, Kirchhof.

<p>In manchen Gegenden, besonders in Mittel- und Oberdeutschland (siehe Franken, Hessen, Thüringen) sowie in Siebenbürgen, wurden die Friedhofsmauern festungsartig verstärkt, um als Zufluchtsort der Dorfbewohner gegen feindliche Angriffe zu dienen. Innerhalb der Mauern wurden Vorrats- und Bergeräume für Notzeiten angelegt, so genannte Gaden (etwa Ostheim vor der Rhön), die, in Abteilungen aufgeteilt, zum Teil erbliches Eigentum waren. Auch dröfliche Einrichtungen wie Brauhaus, Backhaus, Schüttboden wurden inerhalb der Mauern errichtet.</p> <p>Die Aufklärung, in Österreich besonders die Gesetzgebung Josephs II., führte zu einer Verlegung des Friedhofes außerhalb des Ortes. Vor allem hygienische Gründe wurden dafür geltend gemacht. Auch das preußische Allgemeine Landrecht (ALR) von 1794 bestimmte, dass Begräbnisse nicht in Kirchen und bewohnten Gegenden der Städte erfolgen dürfen und eine Beerdigung grundsätzlich nur auf dem öffentlichen Friedhof zulässig ist (II Titel 11 § 184-186). Dies ist der Beginn der Kommunalisierung des Bestattungs- und Friedhofswesens, wie wir es heute kennen. Von mittelalterlichen Begräbnisformen hat sich kaum etwas erhalten.</p> <p>Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 2. Auflage, 8. Lieferung. Artikel Schempf.</p>


<p>1) Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 2. Auflage, 8. Lieferung. Artikel Schempf.</p> <p>2) Grimm, Jacob und Wilhelm, Deutsches Wörterbuch. Band 4, Leipzig, 1971. Spalten 123 - 128.</p>


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