Ehre


Ehre


Mittelhochdeutsch: ēre; Althochdeutsch: ēra; Altsächsisch: ēra; Germanisch: aizō; Indogermanisch: ais Quelle: Köbler, Gerhard, Deutsches Etymologisches Wörterbuch. Online, 1995. Eingesehen am 13. August 2008.

1) Subjektiv: Die sittliche Würde einer Person. Objektiv: Die dieser Würde entsprechende äußere Achtung, die eine Person von anderen beanspruchen kann. Allgemein menschliche Ehre: Diejenige Würde und Achtung, die dem Menschen als solche zukommt und nach den Grundgesetzen der Moral einerseits selbst beobachtet werden muss, andererseits beansprucht werden kann. Bürgerliche Ehre: Ist die Anerkennung und Achtung, die der Person als Rechtssubjekt gebührt. Die Schmälerung und der Verlust der bürgerlichen Ehre sind gleichbedeutend mit Minderung und Entziehung der Rechtsfähigkeit selbst. 2) Der vielschichtige Begriff Ehre, die Wertschätzung einer Persönlichkeit (zumeist) durch andere, umfasst - mit zeitlich schwankender Gewichtung - öffentliches Ansehen (honor), Ruhm und Berühmtheit (gloria), Würde (dignitas), Lob (laus) und Achtung (existimatio) als Bürger. Gesellschaftliches Gewicht und ideelle Grundlagen der Ehre veränderten sich über die Zeit ebenso wie die Folgen von Ehrenverlust (siehe Ehrlosigkeit) und die Sanktionierung von Ehrenverletzungen.

<p>Römischer Ehrbegriff:</ br> Nach römischer Auffassung gebührt <em>honor</em> einem <em>vir honestus</em> oder <em>vir probus</em> und gründet auf der <em>dignitas</em>, der sozial hervorgehobenen Stellung aufgrund von Persönlichkeit und Herkunft, die zu entsprechendem Verhalten verpflichtet und zu einem Ehrenamt (<em>magistratus</em>) berechtigt. Baute Ruhm (<em>gloria</em>) ursprünglich auf Tapferkeit im Dienste von Staat und Gemeinwesen auf, so wurde er in der Kaiserzeit auch für Leistungen in Dichtung und Philosophie gewährt. Nach seneca ist die Achtung, die jemand bei den führenden Männern genießt, Maßstab für Ehre und Ruhm.</ br> In rechtlicher Hinsicht relevant war freilich nur die <em>existimatio</em>, die unverletzte, auf Gesetz und Würde gestützte Würde, mit der die Fähigkeit zum Genuss aller im <em>ius civile</em> begründeten Rechte verbunden war. Sie beruhte auf römischem Bürgerrecht und Freiheit, deren Verlust (<em>capitis deminution</em>) etwa aufgrund eines Strafurteils oder von Kriegsgefangenschaft zwangsläufig eine <em>consumptio existimationis</em> bewirkte. Schwere Verstöße gegen Bürgerpflichten (insbesondere siehe Verbrechen) führten teils unmittelbar, teils aufgrund Richterspruchs zur Infamie, welche die <em>existimatio</em> herabsetzte. Ehrschutz erfolgte im Wege der die gesamte Persönlichkeit schützenden <em>actio iniuriarum</em>.</p> <p>Germanische Auffassung:</ br> Bei den Germanen erscheint die Ehre - aufgefasst als jene Achtung, die der rechtsfähige Freie und seine Familie bei Gefolgschaft, Stamm und Volk genossen - höchster Wert und wesentliche gesellschaftliche Ordnungsgrundlage gewesen zu sein. Ehre wurde vor allem durch (kriegerische) Tapferkeit und Treue erworben. Nordgermanische Sagas (siehe Nordisches Recht) deuten zudem auf die sittlichen Aspekte der Ehrenhaftigkeit hin. Erlittene Schande erforderte Rache; die Ehre konnte aber auch durch außergerichtlichen Rechtsentscheid im Zweikampf (Nachweis der Tapferkeit) wiederhergestellt werden. Siehe Duell.</p> <p>Nachdem der Gleichheitsgedanke der französischen Revolution mit der Beseitigung der Standesschranken jede Standesehre obsolet gemacht hatte, sorgte Napoleons Gesetzgebung (siehe Code civil [1804], Code pénal [1810]) für eine formale gleichstellung aller Franzosen auch hinsichtlich ihrer bürgerlichen rechte und deren Aberkennung (Bürgerlicher Tod).</p> <p>Moderner Rechtsschutz:</ br> Die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland ersetzte den überstrapazitierten Ehrbegriff weitgehend durch Sozialprestige. Trotz umfangreicher Ehrenschutznorminierung nahm das faktische Gewicht der Ehre auch in rechtlicher Hinsicht vergleichsweise ab. Einige Landesverfassungen (wie etwa Hessen, RLP), schützen die Ehre explizit. Gemäß Artikel 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar. Die Schrankenfunktion der aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleiteten Ehre gegenüber der Meinungs- und Kunstfreiheit hat das Bundesverfassungsgericht aber eher restriktiv ausgelegt.</p> <p><em>Wolfgang Stammler, Adalbert Erler, Ekkehard Kaufmann, Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 5. Lieferung, Berlin, 2007. Spalten 1224 - 1230.</em></p>

Österreichische Akademie der Wissenschaften und Oberösterreichisches Landesarchiv (Hg.) Oberösterreichische Weistümer. Registerband, Band 16, Teil V, Wien, 1978. S. 189.

<p>1) Meyers großes Konversationslexikon. 6. Auflage, Leipzig und Wien, 1904. Band 5, S. 410.</p> <P>2) Wolfgang Stammler, Adalbert Erler, Ekkehard Kaufmann, Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 5. Lieferung, Berlin, 2007. Spalten 1224 - 1230.</p>


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