1) Taiding oder Ehaft war die schriftliche (in der Ehanordnung, im Ehaft-, Taidingbuch festgelegte) Markt- oder Dorfordnung, die Rechtsordnung der Gemeinde beziehungsweise des Herrschaftsgebietes (siehe auch Weistümer). In der Ehaft- oder Dorfordnung, der Gemeindebesatzung, sind die Rechte und Pflichten der Gemeindemitglieder, insbesondere der Nachbarn festgelegt. Fast alle Dorfordnungen enthalten Regelungen über die Gemeindeorganisation (siehe Dorfhauptmann, Dorfvierer, Gmain, Nachbarschaft), über die Bewirtschaftung der Flur (siehe Flurordnung) und über die Ehaftgewerbe. Daneben enthalten viele Ordnungen detaillierte weitere Regeln und Vorschriften, zum Beispiel religiöse Vorschriften, Kleiderordnungen, et cetera. Weil die meisten der Untertanen nicht lesen konnten, gab es ein- oder zweimal im Jahr eine Versammlung (Burgding), bei der die Ehaft verlesen wurde. Hierbei bestand für alle Untertanen Anwesenheitspflicht, Nichterscheinen wurde bestraft.
2) Ordentlicher Gerichtstag, der auf der Landschranne abgehalten wurde, vergleiche Ehaftgericht.
3) Nach dem Gesetz gültige Entschuldigungsgründe für Personen, die der Ladung vor Gericht nicht Folge leisten; als solche werden in den ältesten deutschen Rechtsaufzeichnungen angeführt: Krankheit, Herrendienst und Tod eines nahen Verwandten.
4) Als Ehaften bezeichnete man vom Mittelalter bis ins 19. Jh. die dem Gemeinwesen unentbehrlichen, konzessionspflichtigen Gewerbebetriebe samt Gebäuden. Ursprünglich waren Ehaften allgemeine Einrichtungen mit Sonderrecht und Servituten (z.B. Allmenden, Feuer- und Hofstätten). Ehafte Gewerbebetriebe wie Mühlen, Tavernen (Gasthäuser) und Schmieden, aber auch Backhäuser und Trotten gehörten zur gewerblichen Ausstattung mittelalterlicher Grundherrschaften, in Bevölkerungszentren und Städten ergänzt durch öffentlicher Bäder , Bäckereien , Metzgereien , Gerbereien und Färbereien . In seiner Herrschaft hatte der Grundherr das Recht, Ehaften zu errichten mit einem Einzugsgebiet, in welchem er Konkurrenz verbieten und Hörige zur Benützung der Ehaften zwingen konnte (Twing und Bann). Zur Betreibung verlieh er sie an Berufsleute. Dasselbe Recht hatte der städtische Rat auf Stadtgebiet. Vom 16. Jahrhundert an beanspruchten die Landesherren (Städte, Länderorte) sukzessive das alleinige Recht, auf ihrem Territorium Ehaften zu bewilligen und zu verbieten, oft unter Missachtung der Rechte von Grundherren, was zu jahrelangen Prozessen und meist zum Sieg des obrigkeitlichen Anspruchs über das grundherrliche Recht führte. Ehaft waren in der Regel Wasserwerke (vor allem Getreide-, Papier-, Pulvermühlen) sowie Betriebe mit Feuerrecht (Gießereien, Huf-, Sensen-, Hammerschmieden). Annexbetriebe von Mühlen dagegen (unter anderem Reib-, Stampf-, Öl-, Gewürz-, Sägemühlen), ferner auch Schleifereien, Bleichereien, Walkereien, Nagelschmieden und so weiter waren zwar konzessionspflichtig, meist aber keine Ehaften, genossen aber mit der Konzession (Freiung) Konkurrenzschutz. Die auch als Realrechte bezeichneten Ehaften waren an bestimmte Gebäude gebunden, an denen das Recht auch nach einer Betriebsaufgabe haftete. Mit dem Gewerbemonopol privilegiert, hatten Ehaften vorrangig Anrecht auf Produktionsmittel (Wasserantrieb, Holzkohle, Bauholz und so weiter) und auf Rohstoffe (Getreide, Schlachttiere, Eisen, Farbstoffe und so weiter). Dazu kamen aber auch Servitute: Inhaber von Ehaften waren zum Dienst an der Allgemeinheit verpflichtet, zur verlässlichen Betriebsführung, zum ausreichenden Produktangebot bei Qualität und festen Preisen. Tavernen waren zur Beherbergung und zur Aufsicht über ihre Gäste verpflichtet. Müller und Wirte samt Hausstand leisteten einen Berufseid. Wer seinen Auftrag nicht erfüllte, den konnte die Obrigkeit entsetzen. Neue Ehaften wurden erteilt, wenn am Ort nachweisbar ein Bedürfnis bestand, wobei Inhabern benachbarter Ehaften ein Einspruchsrecht zukam. Im Ancien Régime wurden nötige Ehaften aus Eigennutz oft verhindert, so dass auf dem Land nicht konzessionierte Betriebe (Bauernessen, Winkelschenken) wild entstanden. Die Obrigkeit erteilte daher anstelle von Ehaften mit unwiderruflichem Realrecht auch Personalrechte auf Lebenszeit ihres Inhabers. Die Erteilung einer Ehaft kostete den Gesuchsteller eine einmalige Gebühr und jährliche Zins. Jede Änderung (Betriebserweiterung, Standortwechsel usw.) war konzessionspflichtig. Ehaften galten als sichere wirtschaftlichen Basis. Gleichwohl gab es soziale Unterschiede: Hohe Einkommen erzielten nur Ehaften mit Monopolstellung (unter anderem Zwingmühlen, Tavernen an Transitwegen, Heilbäder) und Nebenverdienst, der eine Aufbesserung der tarifierten Einkommen erlaubte, vor allem durch Rohstoffhandel, Zusatzgewerbe (Wirte mit Brot- und Fleischverkauf) und Landwirtschaft.
<p>In der Schweiz und Bayern (Gesetz vom 23. Februar 1868) ist sie auch Bezeichnung für Realgewerberechte.</p>
<p><em>Quelle: Meyers großes Konversationslexikon. 6. Auflage, Leipzig und Wien, 1904. Band 5, S. 404.</em></p>
<p>Schweiz: Nach 1800 begann sich die Stellung der Ehaften zu ändern: Manche fielen der industriellen Fertigung (unter anderem Geräteschmieden, Papiermühlen) und dem Wirtschaftswandel (Kundenmühlen) zum Opfer. Da sie bis 1874 noch der kantonischen Gewerbegesetzgebung unterstanden, blieben sie, obwohl mit Gewerbefreiheit unvereinbar, in vielen Kantonen bestehen, sei es zum Schutz erworbener Rechte oder im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit (Gasthäuser). Erst mit der generellen Handels- und Gewerbefreiheit (BV von 1874) wurden die Ehaften als Realrechte abgeschafft. Bewilligungen für spezielle Gewerbe (z.B. Gaststätten) und Patente (Hausierer, Wirte) sind dagegen Personalrechte.</p>
<p><em>Historisches Lexikon der Schweiz. Online, eingesehen am 19.08.2008.</em></p>
1) Österreichische Akademie der Wissenschaften und Oberösterreichisches Landesarchiv (Hg.) Oberösterreichische Weistümer. Registerband, Band 16, Teil V, Wien, 1978. S. 189.
<p>2) Riepl, Reinhard, Wörterbuch zur Familien- und Heimatforschung in Bayern und Österreich. 2. Auflage, Waldkraiburg, 2004. S. 103.</p>
<p>3) Meyers großes Konversationslexikon. 6. Auflage, Leipzig und Wien, 1904. Band 5, S. 404.</p>
<p>4) Historisches Lexikon der Schweiz. Online, eingesehen am 19.08.2008.</p>