Wien, Recht und altes Herkommen der Flösser (Anfang 16. Jh.)

Flötzer recht und alt herkomen.

Das ist der flötzer zu Wienn recht und alts herkomen, wie dann ir voreltern solchs etwan bei iren trewen ainem ersamen hochweisen rate nach ausweisung ainer alten schrift so noch in der flötzer zech hie vorhanden ist angezaigt und deshalben underrichtung gethan haben, der mainung und in massen als hernach volgt.

Von erst, welhem flötzer holz hinrinnet, wer das auffächt dem sol man geben von ainem schnitpaum zwen phening und von ainem ploch ain phening, das ist sein recht, und nit mer. wër aber das der dem holz nachkäm dem es hingerunnen ist und das haimleich nëm oder ôn des willen der das holz aufgefangen hat, der ist seinem richter hinder dem er gesessen ist zwenundsibenzig phening verfallen und sol das holz dannoch hinwider geantwurten an die stat da er es genomen hat. und ob der man dem es hinrinnet bei der stat gesessen ist, dem sol man es vierzehen tag behalten. wer aber das der der das holz auffächt dasselbig verpurig und nit zuweg ließ ligen, so sol er dem mann dem es hingerunnen ist das holz umbsonst hinwider geben und ist dennoch dem richter zwenundsibenzig phening verfallen zu wandl, und sol in auch darzue nötten das er das holz umbsonst hinwider geb.

Ist aber das ain dillen ganz hinrinnt, so sol man dem der es auffächt ie von ainer ganzen dilln sechs phening oder von ainer walddillen sol man im geben zwelf phening. wann sich aber begibt das das holz in ainer rechten eisguss hinrinnet, wer alsdann dasselbig auffächt der sol die zwai tail behalten und dem es hingerunnen ist dem sol er nur den ain drittail davon geben. so aber das holz hinrinnt in grosser überguss, wer das auffächt der sol nur ainen drittail davon behalten und die zwai tail widergeben dem es hingerunnen ist.

So ist das auch unser der flötzer recht und von alter herkomen das kain gast nit holz sol kaufen von ainem andern gast zwischen Stain und Wienn. wer das überfert und des mit ainer waren kuntschaft uberfaren wirdt, dem sol man das holz nemen und in ain spital geben und darzue ist er dennoch dem richter verfallen zwenundsibenzig phening.

Es sol auch kain man der anderer arbait phlegt dann der unsern, es sein zimerleut peken pader oder welicherlai arbait oder handwerch das ist, unsers handls und arbait nicht phlegen noch treiben, es sei dann das er sich der andern arbait und handwerchs des er sich ee gebraucht hat entschlahe oder abthue und furbaser allain unserer arbait phlege. alsdann sol und mag er unser arbait und den flötzerhandl wie unser ainer als sich geburt wol treiben und des gebrauchen. wolt er sich aber der andern arbait oder handwerchs nicht entschlahen und abthun, so sol er unser arbait und den flötzerhandl faren lassen. wer sich des daruber understuend und dawider thätt, der ist dem richter verfallen zwenundsibenzig phening zu wandl nach iedem mal als oft er das überfert. und wer mit den flötzern oder steckenkleubern sein well, der sol auch mit in leiden.

Wer auch der ist der herfert von Steyer oder andern walden, sweiln oder lastetten, der sol nicht mer von zimerholz austragen vom wasser an das land dann allain das ain man getragen mag ungevërlich, es wär dann das in etwo eehafte not als eisguß oder ander merklich ursachen darzue dringe, alsdann sol und mag er sein hab ausbringen und retten so pest er kan und mit einander hingeben.

Es ist auch von alter unser recht das kain gast niderhalb Wienn in kain lastat holz legen sol, ausgenomen zu den zwain kirchtägen zu sand Petronell tag zu Haynburg, da hat iederman recht hinzefaren wer da wil, ob im des mein herren die burger gönnen.

So ist auch von alter herkomen und unser der flötzer recht das kain flötzer der hie gesessen ist mit kainem gast nicht gemainschaft sol haben auf unserer arbait. wer es daruber thuet haimleich oder offenlich, als oft er das überfert so ist er dem richter zu wandl verfallen zwenundsibenzig phening.

Wir haben auch von alter das recht das der statrichter alle jar in phingstfeiertagen an dem rechten sitzen sol in der Schefstrass vor dem Stubmhawß als von alter herkomen ist, und sol da alle unsere recht verhörn, und wir sollen jarlich da melden unsere recht und alt herkomen. darnach so er also an dem rechten gesessen ist sollen wir im sein steken widerfaren lassen; und sol auch der anslag umb dieselbigen steken vor dem hauß oder darinn beschehen.

Es ist auch unser recht von alter herkomen das kain gast von Hungern ferrer faren sol nach holz dann her [gen] Wienn und sol es auch anderstwo nindert kaufen dann hie. wer das überfert, den sollen die herren des rats darumb puessen wie sew recht bedunkt.

Auch ist von alter unser recht das kainer unserer arbait phlegen sol, er hab dann ain eeliche hausfraw. und mag man uns auch nit nötten iemands ainen tail zu lassen, er hab dann ee unser zech gewunnen.

Wer auch der ist der uns unser hab diepleichen entphürt, es sei bei tag oder bei nacht, das zwaier phening werd ist, den sol der richter vëssen und mit dem rechten überfaren ôn all unser mue und schëden; und darumb sein wir dem richter phlichtig zu geben alle jar dreissig tausent steken. und wer auch der ist under uns der ainen darumb schlecht das er im sein hab hinweg tragen hat, wie hart er in darumb schlecht, soferr das er in nur nit plutruns macht, so ist er dem richter nichts verfallen.

Auch ist von alter unser recht, wann wir oder unser diener und knecht des nachts zu unserer hab zum wasser geen oder davon, das uns der richter noch sein diener dann nicht vahen noch engen sol; es wär dann das sie unsern dienern oder knechten des nicht glaubten das sew in unsern geschëften giengen, so sollen si mit demselben geen unzt an des flötzer hauß auf den er sich anzaigt hat, und ist das man in da einlässt, so sullen si in dann ledig lassen. wolt man in dann nit inlassen, alsdann mögen si in hinfurn wohin si wellen.

Es ist auch von alter unser recht das kain flötzer der hie gesessen ist, wo der rinnet auf ainem grunt, von welherlai ungluck das geschiecht, das der kain gruntrecht nit haben sol, niemand nicht, wer es in unsers herrn des herzogen lant ist. Mer ist auch das von alter unser recht, was die flötzer holz bedurfen, welicherlai holz das sei, das si mögen ausarbaiten, als preter schintln latten und stubmholz, das dasselbig kain furkauf nit ist. So ist auch weiter von alter unser recht das der richter ainen fur den andern nit genötten mag umb sein steken unzt das si die anslahen. wër aber das si die nicht wolten anslahen, so sol der richter vier flötzer nidersetzen unzt das si anslahen iedem man nach iren trewen, und das man arm leut nit beschwär.

Es ist auch von alter unser recht das kain gast weder täfeln, kasten noch kain holz nicht auflain noch kain wid kaufen noch in vier stantner oder seulen nicht vassen sol sonder nur in zwen stantner oder seulen. wer das daruber thuet, als oft er des überfaren wirdt, der ist dem richter zu iedem mal verfallen zwenundsibenzig phening.

Und ain ieglicher gast der da herkumbt gen Wienn mit holz, es sein laden zimerholz steken taufeln raif prugkholz, wie es genannt ist, [der mag] unzt an den vierden tag hie ligen und verkaufen selber persondlich oder durch seinen knecht, also das kain flötzer hie zu Wienn dieweil furkaufen sol; aber nach den egenanten tagen mag ain ieglicher flötzer wol dasselbig holz kaufen.

Lieben genedigen herrn, der vorgeschriben rechten aller gedenken wir das wir und unser vorfordern die von alter herbracht und gehabt haben, und sagen das auch bei unsern trewen.

Standort
Wien | Bundesland: Wien | Eigentümer: Wiener Stadt- und Landesarchiv | InvNr.: Inv.Nr. 3, Sign. M/III (Eid- und Handwerkerordnungen-Buch | Seiten: 221a-224b |
Herkunft / Fundort
Wien | Bundesland: Wien |
nähere Angaben
Entstehung: 1500 - 1510
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 1: Das Viertel unter dem Wiener Walde (Österreichische Weistümer 7). Wien-Leipzig 1886, S. 778-781, Nr. 124 (Edition).

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