Wien, Unter den Weißgerbern, Instruktionen für Richter und Geschworne (1694)

Bei der am 21. März 1694 unter den Weissgärbern in des abtretenden Richters Behausung vorgenommenen Ponthädung oder richterwaal sind hernach folgente puncten vorgetragen worden, daß richter und geschworne

1. denen kaiserlichen generalien gemäß daß fluechen und gottslästern rauf- und greinhändel keines wegs verstatten, sondern da ein- und anderer hierinnfallß betretten wurde sie denselben der gebühr nach abstraffen sollen.

2. sollen sie auch wegen der unzüchtigen persohnen fleissig visitiren, und wo einige verdächtig oder würklich in solchen laster betretten wurden selbe nicht allein zuer bestraffung bringen sondern soviel immer möglich von dem burkfridt außtilgen.

3., die mistgrüeben, unflättige außgüss und waß sonsten dem puncto sanitatis zuwider, so zu einführung der laidigen saüch der pestilenz und andern erblichen krankheiten gefährlich sein möchte, sollen sie abstellen und dargegen alle mögliche guete vorsehung thuen, forderist aber wan etwaß verdächtiges sich zaigen solte selbiges alsobalten andeüten.

4. sollen sie ihnen auch angelegen sein lassen die gruntjurisdiction (allermassen selbe hievor durch das kaiserliche vicedombamt erhalten worden) wohl zu beobachten, damit gmainer statt in ain und anderen fahl, wie es nahmen habe, nichts derogirt werde. und zum fahl iemant zu praejudiz der statt sich alda etwaß vorzunehmen unterwinten und richter und geschworne solches zu hintertreiben sich etwo zu schwach befinten wurden, sollen sie alsobalten einem löblichen stattrath oder aber dem herrn burgermaister zu weiter vorkerenter notturft die anzaigung thuen.

5. sollen sie die zu zeiten bei dem holz auf der gstetten unterlaufente unordnungen alleß fleißes abstellen.

6., denen publicirenten rüefen und mandaten solle fleissig nachgelebt und iederzeit wohl beobachtet werden.

7., in eraignenden händeln und anderen füerfallenten sachen wo es die mühe nicht werth einen stattrath zu behölligen, solche können richter und geschworne alda abhandlen. da aber ein- oder anders von wichtiger importanz wehre, in solchem fall solten sie es an gedachten stattrath bringen.

8., nicht weniger sollen die jenige straffen welche alda eingehen und sich über drei gulden belaufen gmainer statt obercammeramt treülich verraitet werden, derentwillen sie richter und gschworne jährlich ein verlaßliche specification zu gedachtem ambt einzuraichen haben.

9., weilen auch vor allem die notturft erfordert deß feüers halber guete obsicht zu halten, alß würdet richter und gschworne dahin vermahnet daß sie destwegen alle feüerstätt fleissig zu gewöhnlichen zeiten visitiren und der feüerordnung gemäß alles schädliches abwenden und sonsten derselben nachleben sollen.

10., wan inwohner alda mit todt abgingen, solle der richter alsobalten die spörr vornehmen und hernach einem stattrath zuer abhandlung die anzaigung thuen.

11., waß sonsten einem richter an holz und anderen regalien hievor zuständig gewest, solches würdet ihme in ansehung seiner gleichwohl zimblich habenten richterlichen müehewaltung noch ferer vergünstiget.

12., schließlichen, weilen wegen veränderung der zeiten und laüfen sich nit wohl alles füerschreiben lasset, alß werden richter und geschworne generaliter dahin vermant alles und iedes waß zu erhaltung gueter pollitzei und ordnung auch zu nutz und aufnehmen deß gemainen weßen ersprießlich sein mag, zu handlen und zu betrachten.

Herrschaft
Besitzer: Landesfürst
Standort
Wien | Bundesland: Wien | Eigentümer: Wiener Stadt- und Landesarchiv | InvNr.: Inv.Nr. 17, Sign. M. V. g (Ponthädungsbuch über die jurisdiction der Weißgärber ... ) | Seiten: 4a-6b |
Herkunft / Fundort
Weißgerber (jetzt Wien, 3. Bezirk) | Bundesland: Wien |
nähere Angaben
exaktes Datum: 1694 März 21 | Entstehung: 1694 |
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 1: Das Viertel unter dem Wiener Walde (Österreichische Weistümer 7). Wien-Leipzig 1886, S. 781-783, Nr. 125 (Edition).

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