Josefstadt (jetzt Wien), Instruction für Richter und Geschworne (1702)

Anno 1702 den 24. septembris ist die pontädung ... in deß Rochi Weber behausung gehalten ... worden ... darbei seint nachfolgente puncta vorgetragen worden:

1. solle denen kaiserlichen generalien gemäß das ohne dem verbottene schelten fluechen und gottslästern rauf- und greinhandl keines weegs verstattet, sondern da ain- und anderer hierinfahls betretten wurde der gebühr nach abgestrafft werden.

2. solle wegen der unzüchtigen persohnen fleissige nachfrag gehalten und visitirt werden, und wan ainige verdächtige oder würklich in solchen laster behafte betretten wurden selbige nicht allein zur bestratfung gezogen sondern so vill möglich gahr von dem burkfridt abgeschafft und außgetilget werden.

3., nicht allein die den weeg verderbente und der gesuntheit schadente außgüß sondern alles was sonsten dem puncto sanitatis zuwider und zu einführung der laidigen seüch der pestilenz und anderen erblichen krankheiten gefährlich sein möchte, sollen auf das fleißigiste abgestelt und dargegen all mögliche guete anstalt und vorsehung gethan, auch wan sich etwas (so der allergüetigste gott gnädig verhüeten wolle) solte verspüren laßen solches alsobalden ohne einige zeitverlihrung dem herrn burgermaister alß directori sanitatis anzaigen.

4. solle man sich angelegen sein laßen die grunt- und andere der obrigkeit zuestehente jurisdiction wohl zu beowachten, damit gemainer statt in ain- und anderen fahl, wie es nahmen haben möge, nichts derogirt werde. und da iemand zu nachteil der statt etwas vorzunehmen sich unterwünden und richter und geschworne solches zu hintertreiben sich zu schwach befinden wurden, sollen sie solches alsobalden einem löblichen stattrath oder dem herrn burgermaister schriftlich andeiten.

5. solle denen publicirten ruefen und mandaten auch denen von einem löblichen stattrath abgehenten decreten und befelchen auf das fleissigste nachgelebt und gehorsamber volzug gelaistet werden.

6. mögen richter und geschwohrne wohl in geringen händlen und anderen fürfallenden sachen, wo es der miihe nicht werth einen löblichen stattrath zu behölligen, die abhandl- auch bestraffung vornehmen. da aber ain- und anders von mehrer wichtigkeit wehre solle die anzaigung dem rath beschehen. auch wan ain- und andere persohn in criminalibus so lantgerichtmeßig oder dergleichen zu sein scheinet in verhaft gezogen wurde, solle denen zu vornehmung deß examen deputirten commissarien die schleinige anzaigung gethan werden.

7. sollen die jenige straffen so sich über drei gulden belaufen gemainer statt obercammerambt getreilich verraitet und zu ent dißes jahrs das gelt neben einer verläßlichen specification überantwortet werden.

8. sollen richter und geschwohrne ohne vorwissen und einwilligung eines stattraths einigen anschlag auf die häuser, auß was vorwant es immer sein mag, nicht machen, sondern wan sie etwan einen zu machen die nottwendigkeit zu sein erachten wurden solle solches neben denen ursachen schriftlich angebracht und die rathsverordnung hierüber erwartet, auch wo nicht jährlich doch wenigst bei iedwederer pontädtung ein ordentliche raitung darüber gepflogen werden.

9. solle vor allen auf das feier fleißige obacht, auch der nachtwachter zu embsiger ruefung der stunten ernstlich angehalten werden, damit bei etwan entstehender feiersgfahr derselben fruhezeitig köne vorgebogen werden. nicht weniger sollen die feierstätt zu gewöhnlicher zeit visitiert und wan ain- oder andere getährliche feierstatt befunten wurde selbige alsobalt abgeschafft, oder wan sie richter und geschwohrne nicht gnuegsamb darzu wehren einen löblichen stattmagistrat zu vorkerung deß weitern schriftlich angedeütet werden.

10., wan ein burger oder inwohner mit todt abgehet solle der richter alsobalden die gewöhnliche spör vornehmen, wan ein testament verhanden solches abfordern und sambt denen schlißeln in deß herrn burgermaisters canzlei lifern.

11. sollen richter und geschwohrne fleissige obsicht haben damit einiger haußinhaber oder inwohner einige würthschaft oder handl nicht treibe, der solches von einem löblichen stattrath nicht schriftlich aufzuweisen hat.

12., gleichwie nun alle burger, häuserinhaber und inwohner zu laistung des gebührenden gehorsamb und respects gegen richter und geschwohrnen ernstlich angemahnet werden, alß werden auch dise sich gegen denenselben aller beschaidenheit und glümpfs zu gebrauchen erindert.

Und weilen schließlichen nicht alle zuefähl könen außführlich angedeütet werden, alß sollen sich so wohl richter und geschwohrne alß die gesambte gmain insgesambt eines untadelhaften wandls befleissen und zu abwentung deß zorn gottes so wohl selbsten sich von allen lastern enthalten alß andere durch guetes exempel darvon abziehen, und im übrigen alles was zu nuzen deß gemainen weesens ersprießlich sein möge handlen und betrachten.

Standort
Wien | Bundesland: Wien | Eigentümer: Wiener Stadt- und Landesarchiv | InvNr.: Pontädungbüechel über die Josephstadt (Inv.Nr. 18, Sign. M. V. h) | Seiten: 3a-6b |
Herkunft / Fundort
Josephstadt (heute Wien, 8. Bezirk) | Bundesland: Wien |
nähere Angaben
exaktes Datum: 1702 September 24 | Entstehung: 1702 |
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 1: Das Viertel unter dem Wiener Walde (Österreichische Weistümer 7). Wien-Leipzig 1886, S. 770-771, Nr. 122 (Edition).

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