Leesdorf, Gerechtigkeit und Banntaiding des Stiftes Melk (18. Jh.)

Vermerkt deß löblichen stüfts und closters Mölkch gerechtigkeit und panthättung zu Leestorff.

In der ersten ansprach.


1. Zum ersten kan daß löbliche closter Mölck alß dorfobrigkeit und herrschaft zu Leestorff alle jahr, zu was zeit es demeselben beliebig ist, die panthättung entweder zu Leestorff oder Teestorff halten und nicht allein ihre haußgesessene unterthanen sondern auch inleit sovil deren zu Leestorff wohnhaft seind darzue beruefen und fordern lassen. und wer alßdan ohne erhebliche ursach außbleibt, der ist dem löblichen closter Mölckh als dorfobrigkeit pflichtig sechs schilling pfenning wandl.

2. Daß man dem richter welchen die herrschaft setzt in allen billichen dingen gewärtig und gehorsam sein solle; und wer seinen bothen verschmähet, ist zum wandl sechs schilling zwölf pfenning schuldig.

3. Daß die gnädige herrschaft neben dem richter oder geschworne setzen kan. die haben nebst dem richter zu rainen und zu stainen, zu beschauen und zu schatzen wie es die nothdurft erfordert, zu felt und zu dorf. und wer sie in solch ihren verrichtungen widertreibt oder ihre march verändert oder wohl gar außwürft, der hat gefräfelt und soll an leib oder
an guet, wie es die gnädige herrschaft für recht erkennen wirdt, gestrafft werden.

4. Wan der richter zu gricht sitzt, soll niemant in seiner gegenwart schlimme oder ungebührliche wort außgeben, und wer darwider thuet soll mit dem stock abgestrafft werden oder aber sechs schilling zwölf pfenning wandl erlegen.

5. Wan der richter iemant zu hilf begehrt und einer oder mehr andere die solches hören nicht gleich zu hülf kommen da sie es doch wohl thuen kunten, so hat ieder sechs schilling zwölf pfenning wandl verwürkt.

6. Wer einen gmaindiener, es seie nachtwachter hüeter oder halter, unbillicher weis belaidiget, verfolgt oder vertreibt, der soll der herrschaft sechs schilling zwölf pfenning wandl erlegen und ist anbei pflichtig solang zu wachten, zu hüeten oder zu halten biß die gmain einen andern bekomt.

7. Daß niemant zu Leestorff und selbiger revier alwo daß löbliche closter Mölckh daß reißgejait hat sich unterfangen solle haasen, rebhiener und schnepfen etc. zu schüessen oder zu fangen weder die rebhienerair außzunemmen oder die nöster zu zerstören bei unaußbleiblicher grosser straff.

8. Daß fischen und krebsenfangen sowohl beim tag alß bei der nacht ist eben bei grosser straff verbothen und soll sich dessen niemant unterfangen, es seie dan daß ihme daß fischwasser in bstant verlassen worden.

9. Daß man keine verdächtige leit aufhalten oder beherbergen solle; und wann sich dergleichen leit anmelden, sollen sie sogleich bei dem richter angegeben werden bei sechs schilling zwölf pfenning wandl.

10. Daß man ohne vorwissen und consens der gnädigen herrschaft keine inleit einlassen oder aufnemmen solle; und wer darwider thuet, ist der herrschaft zum wandl zwei pfunt pfenning pflichtig.

11. Daß richter und geschworne alle jahr wenigstens einmahl die gmärch zu Leestorff begehen und alzeit junge nachbahrn und nachbahrssöhn mit sich nemmen auch diesen die gemärch vorzaigen, anbei aber beobachten sollen ob noch alle alte gemärch vorhanden und ob nicht einige neue gemarch ohne beisein der herrschaft gemacht worden, auch ob nicht manche gmärch schon manglhaft seind und mit der zeit gar zu grunt gehen mechten; und wan sie dergleichen wahr nehmen, sollen sie solches alsobalten der herrschaft beibringen.

12. Daß weg und steg in gueten stand gebracht und erhatten werden sollen, damit iederman ohne gefahr und schaden darüber kommen kan; und sofern solches nicht geschiecht sondern vernachlässiget wirdt, so hat richter und geschworne sofern ein schaden erfolgt die verantwortung auf sich.

Folgt die anderte ansprach.


13. Daß keiner die stain wegackern weder seinen grunt wider altes herkommen verlängern oder erweitern soll. wer darwider handlet, hat zu wandl fünf pfunt pfenning verwürkt und soll seinen grunt wider in alten stant sezen.

14. Daß man die alten gräben zu rechter zeit raumen soll; und wer hierinfahls saumbig befunden wirdt soll anfangs ermahnet werden, in fahl er aber daß raumen auf sothane ermahnung noch länger anstehen last ist er zum wandl sechs schilling vierundzwainzig pfenning zu erlegen schuldig.

15. Wer einen neuen graben aufwerfen oder machen will wo vorhin kein graben gewesen ist, soll sich vorhero bei dem richter anmelden und diser soll mit zueziehung der geschwornen den augenschein einnemmen ob ein solcher neuer graben vonnöthen und weiter keinen andern zu schaden kommet; und was hernach der richter mit denen geschwornen für recht erkennen wirdt, bei dem soll es sein verbleiben haben. wer aber darwider thuet, ist zu wandl siben schilling sechs pfenning.

16. Daß ein ieder sich also einfriden soll, damit sein vieh andern nicht zu schaden kommen kan. wer diß nicht thuet und hierüber vermahnt wirdt, soll es nicht länger anstehen lassen bei siben schilling sechs pfenning wandl.

17. Wer vieh halten will, soll es zu der halt treiben; und wan ein vieh ausser der halt betretten wird, es seie in oder ausser des dorfs, soll es gepfändet werden.

18. Wan ein vieh gepfändet wirdt, es seie groß oder klein, soll es zu dem richter gebracht und in dem gewöhnlichen pfantstall aufbehalten werden biß daß pfantgelt erlegt worden.

19. Wan frembdes vieh in ein hauß kombt, so ist dem haußwürth nicht erlaubt ein solches vieh bei sich zu behalten sondern er soll es zu dem richter oder in vorbemelten pfantstall bringen; und wan er solches unterlast, ist zu wandl zwölf schilling pfenning.

20. Wan ein viech ausser der halt einen schaden thuet, so ist der aigenthumber des viechs den schaden abzutragen schuldig. wan aber dem halter ein viech außkombt und schaden thuet, so ist der halter den schaden abzutragen pflichtig; iedoch alles nach erkantnuß des richters und deren geschwornen.

21. Wer einen haußhunt halten will, soll demselben bei dem tag nicht frei umbgehen lassen sondern an die ketten henken, damit niemant geschädiget wirdt.

22. Daß einer dem andern die dienstbothen und arbeiter nicht abwendig machen soll. wer darwider thuet, ist zu wandl drei schilling sechs pfenning und soll einen andern dienstbothen oder arbeiter stöllen.

23. Daß niemant bei der nacht an anderer leit fenster losen soll; und wer darwider thuet, ist zu wandl siben schilling sechs pfenning so oft es geschiecht.

24. Daß niemant bei der nacht die nachbarschaft mit offentlichen unnuzen geschrei, jauchzen oder dergleichen beunruhigen soll bei sechs schilling zwölf pfenning wandl.

Folgt die dritte ansprache.

Daß die geschwornen alle jahr zweimal und zwar umb [Georgi und] Martini alle feuerstätt in ganzen dorf beschauen und wohl in obacht nemmen sollen ob bei denen feuerstätten, rauchfängen und bachöfen kein feuersgefahr zu besorgen ist; und in fahl sie einige gefahr verspühren sollen sie solche alsogleich abzwenten verordnen, und wer ihrer verordnung nicht nachkombt, der hat zum wandl zwei pfunt pfenning verwürkt und sollen ihme beinebst die gefährliche rauchfäng und bachöfen ab- und eingeschlagen werden.

26. Daß iederman auf daß liecht und feuer guete obsicht tragen solle. und wan bei iemant aus verwahrlosung ein feuer außkombt, so ist derselbe in der herrschaft straff; wan aber daß feuer weiter griff und den nachbahrn schadet, so ist er ihnen allen schaden zu ersezen schuldig.

27. Demnach durch das schüessen in unterschidlichen orthen schon öfters vill unglick und jämmerliche feuersbrunsten entstanden seind, alß wirdt das schüessen sowohl in dorf alß in denen heusern, auß was ursach es immer geschehen mag, alles ernst verbotten; und wer dieses verbott übertritt, ist für ieden schuß zwölf schilling wandl zu erlegen schuldig.

28. Wan in dem dorf ein feuer außkombt, welches gott gnädig abwenten wolle, so soll ein ieder nachbahr und inwohner in solcher noth zu hülf und zu statten kommen; und wann er solches nicht thuet da ers wohl thuen kunnte, der ist zu wandl sechs pfunt pfenning halbs der herrschaft und halbs den jenigen welche durch daß feuer schaden leiden pflichtig.

29. Daß auch in solchen fählen da schlimme leit in ein hauß kommen und mit stellen oder rauben einen gwalt außüben wollen, ein nachbahr dem andern zu hülf kommen solle wan es anderst verlangt wirdt.

30. Daß man niemant in seinen hauß fräfentlich beunruhigen und belästigen soll, es seie mit worten oder in anderweg und es mag der haußwürth arm oder wohlhäbig sein. wer darwider handelt, ist in dem wandl nach erkantnuß der herrschaft.

31. Daß man niemant fräfentlich auß seinen hauß herauß fordern soll. wer aber dieses thuet, ist zu wandl sechs schilling zwölf pfenning.

32. Daß keiner in deß andern hauß fräfentlicher weiß einsteigen soll. geschäche diss bei dem tag so ist zum wandl zwei pfunt pfenning, geschäh es aber bei der nacht so ist zum wandl vier pfunt pfenning.

33. Es soll auch niemant fräfentlicher weiß in eines andern garten einsteigen. wan es aber geschiecht und zwar beim tag, ist zu wandl ain pfunt pfenning, und wan er einen schaden thuet ist solcher besonder abzutragen.

34. Daß raufen und schlagen ist alzeit verbotten. geschiecht es aber am kürchtag oder da man daß laufen haltet, so ist der urheber dessen und ein ieder der mithaltet in die verwahrung zu bringen und nicht außzulassen biß ieder zwölf schilling wandl erlegt hat.

35. Daß aller wandl so verwürkt wirdt der gnädigen herrschaft zuezustöllen ist, und daß weder richter weder geschworne etwas daran nachlassen mögen.

36. Daß der gnädigen herrschaft alß dorfobrigkeit frei stehet vorstehende panthättungsarticul zu verändern, zu vermehren oder zu mindern nachdem es künftig die nothdurft erfordern wirdt.

Es folgt die Formel des Jurament so richter und geschworne abzulegen haben.

Herrschaft
Stift Melk
Herkunft / Fundort
Leesdorf (Baden) | BH: Baden | Bundesland: Niederösterreich |
nähere Angaben
Entstehung: 1700 - 1800
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 1: Das Viertel unter dem Wiener Walde (Österreichische Weistümer 7). Wien-Leipzig 1886, S. 493-497, Nr. 89/1 (Edition).

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