Heiligenkreuz, Formular für die Abhaltung des Banntaidings auf den Besitzungen des Stiftes Heiligenkreuz (Ende des 17. Jh.)

Formular panthättung zu halten

1mo proponitur causa adventus et convocationis:

Ehrsame versamblete nachbarschaft, liebe unterthanen. auß was ursachen ich mit dießen anwesenden hh. geistlichen anhero kommen, euch auch sambentlich alda zu erscheinen habe beruefen laßen, wirdt eüch ungezweiflet durch euern dorfrichter entweder durch offentliches außruefen oder durch ordentliche einsagung zu genüegen kuntbar gemacht worden sein.

Weilen dan ihro hochwürden und gnaden unser gnädiger herr mit sonderbahren müßfallen vernehmen müeßen daß unter der gmain allhier sich villfältige uneinigkeiten ja wohl auch schödliche empörungen wider die herrschaft begünnen hervor zu thun, indeme sich einige unterfangen nit allein die alte löbliche braüch und gewohnheiten aigensinnig zu verwerfen sondern wohl selbst ihrer herrschaft gesez vorschreiben wollen: alß seint wür auf gnädigen befelch und anordnung ihro hochwürden und gnaden unßers gnädigen herrn anhero kommen, umb dießen ublen vermeßenheiten vorzubiegen und ein mittl zu ergreifen durch welches friet und ainigkeit zwischen dennen unterthanen und der schuldige gehorsamb gegen ihrer obrigkeit von neüen gepflanzt und erhalten werden möge. und ist zwar eben dießes mittl die handlung einer panthäitung, welche wür aniezo mit euch vornehmen wollen. in dießer panthäitung wirdt sich zaigen was oder wer unter eüch den frieden zerstört, auf was weiß und mit waß grunt sich dergleichen sträffliche aufwückler hervor thun. ihr aber alle und iedwederer insonderheit sollet auch in vorbringung der gmain oder seiner aigenen beschwerten ganz willfährig angehört und vernohmen werden.

Wollen also dießer panthäitung in nahmen gottes den anfang machen.

Daß erste so bei einer panthäitung zu beschehen pfleget ist, daß man die nahmen einer ganzen nachbarschaft ablese ob alle gegenwertig, weilen unter straff vorgesehen daß alle anwesent sein sollen. - Legantur nomina.

Daß anderte ist daß man wüße was ein panthäitung seie. ein panthäitung ist ein bekantnus bei den pann und ait die über dieße aigen begriffene recht und hernach lesente pannartickl wahr zu sein und denselben gehorsambst nachzuleben.

Drittens. weilen bißhero üeblicher brauch geweßen daß man bei hantlung der pauthäitungen zugleich entweder richter und geschworne in ihren ämbtern bestättiget oder andere von neuem sezet, alß ist vorhero nothwendig daß gewesene richter und geschworne ihre ämbter resigniren und abtretten, solchemnach ihr also dießes auch thun werdet. - Hic debent resignare dando manus praesidi et assessoribus.

Auf nun beschehene resignation richter und geschwornen werden eüch aniezo die pannpuncten vorgeleßen werden, auß welchem ihr vernemmen werdet was dießes orths alte gewohnheiten, recht und gerechtigkeiten sein, welche unßern closter durch kaiserliche, königliche und lantsfürstliche gnaden vor alters seint erthailt worden und nach welchem sich ein ieder so bei unß güeter genießen und unterseßig sein will zu verhalten habe. - Legantur puncta; his perlectis dicatur:

Auß abgehörten pannpuncten habet ihr vernohmmen waß dießes orths altes herkommen, löbliche bräuch und gewohnheiten seint friet und einigkeit unter dennen unterthauen zu erhalten. ob nun solches von lezt gehaltner panthaitung an also gehalten worden oder nit, wollen wür vernehmen.

Hic discedunt et venit unus post alterum secundum ordinem sicut perlecti fuerunt, proferendo quaerelas suas et dando votum pro futuro iudice.

1. Auditis querelis vocentur partes et componantur quaerelae particulares.

2. Deinde vocetur iudex prior cum iuratis et proponantur eis quaerelae communes, simul consulendo quomodo res aliter institui possit.

3. His peractis insinuatur electo iudici sua electio et constituantur ipso praesente iurati.

4. Vocetur communitas et proponantur in pleno quaerelac communes simul et compositio earum.

5. Promulgatur iudex et detur ipsi baccellus hisce verbis:

Hiermit übergibe ich eüch den scepter oder richterstäbl. habet auß abgeleßenen pannpuncten schon vernommen waß dießes bedeute, nemblichen, wann ihr solches in der hant habet oder auf den tisch leget, ain zeichen seie eüres von eüer herrschaft auß habenden gwalts; und wer eüch alßdann widerstrebet oder eüer verortnung widertreiben solte, solcher so viel gefrävelt und verwürkt hette alß were er wider eüer herrschaft aufge - standen und sich wider selbe gesezt hette. ubergibe eüch also mit diesen scepter oder richterstäbl allen gewalt zu handlen und zu richten waß allweeg einen richter in nahmen seiner herrschaft zu handlen und zu richten zuestehet.

6. Und gleich wie nun der richter allen handlungen nit allein wurde vorstehen und solche verrichten können, sondern wie bißhero iederzeit gebraüchig geweßen seiner gerichtsgeschwornen rath pflegen mues, alß haben wür zu solchen nachfolgende ernent, alß: - Nominentur iurati.

7. Damit aber ihr richter und ernente vierer eüch eüres ambts halber beßer erinteren sollet, nemblichen dieses aigens recht und altes herkommen, freiheiten nnd gewohnheiten hantzuhaben, der gmain nuz und frommen zu befürdern und den armen so wohl alß den reichen gleiches recht zu halten, alß werdet ihr nach nochmahliger ableßender erinterung waß ihr zu handlen schuldig seiet, daß gewöhnliche jurament mit aufgehobenen fingern ablegen. - Legatur iuramentum.

8. Nach abgelegten jurament nun mues richter und geschworne herrn praesidi et assessoribus angeloben.

9. Weilen nun richter und geschworne zu bestättigung ihrer ambter daß gewöhnliche jurament abgelegt und hierüber der herrschaft angelobet, alß werdet ihr auch alle aniezo dem richter angeloben, hernach aber selben wie gebraüchig biß in sein haus begleiten.

Und wollen also diese panthaitungin nahmen gottes beschloßen haben.
Herrschaft
Heiligenkreuz
Standort
Wien | Bundesland: Wien | Eigentümer: Österreichische Nationalbibliothek | InvNr.: Cod. 14.696 (Suppl. 2197) |
Herkunft / Fundort
Heiligenkreuz | BH: Baden | Bundesland: Niederösterreich |
nähere Angaben
Entstehung: 1690 - 1700
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 1: Das Viertel unter dem Wiener Walde (Österreichische Weistümer 7). Wien-Leipzig 1886, S. 456-459 Nr. 83/1 (Edition).

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