Neudorf, Biedermannsdorf, Möllersdorf, Banntaiding und Polizeiordnung (1734)

Policeiordnung

Weilen vermög allergnädigsten kaiserlich- und landsfürstlichen befehle die landgerichts- dorf- vogt- und gruntobrigkeit die völlige policeiordnung und alles was das gemeine wesen anbetrifft vermög landesordnung anzuordnen schuldig istund davor in allem und iedem red und antwort geben muß, als wirdt hiermit bei gegenwärtiger panthaidung von ihro hochfürstlichen eminenz etc. als dieser orthen dorf- vogt- grunt- und landgerichtsobrigkeit etc. einer ganzen ehrsamen gemeinde zu Neudorff, Möllerstorff und Pittermanstorff nachfolgende policeiordnung vorzulesen und selber in das künftige bei vermeidung hoher straff nachzuleben hiermit ausdrücklich gnädigst anbefohlen haben, und zwar:

1. Solle vor allem in dem dorf ein christlicher frommer gottesfürchtiger wandl geführet, alles schelten fluchen saufen raufen unzucht und stehlen auch alle übrige laster vermieden werden.

2. Wan wider verhoffen (welches gott verhütten wolle) eine feuersbrunst entstehen solte, so sollen alle in dem dorf, niemant ausgenommen, ieder mit einem schaff sich einfinden und zu hülfe kommen bei sechs reichsthaler straff. die rauchfang sollen alle monath von dem richter und einem geschwornen visitiret werden, dahero mit dem rauchfangkerer eine bestallung zu machen und vermög der austheilung alle viertl- oder halbe jahr von denen nachbarn das gelt darzu einzutreiben, damit der rauchfangkehrer zur kerung desto besser könne angehalten werden. mit dem licht solle niemant weder bei tag noch bei der nacht ohne latern in die städln scheuern auf denen böden oder im hoff gehen bei vorgemelter straff.

3. Solle alle jahr zu der gemein besserer sicherheit der dorfrichter bestellet und aufgenommen werden.

4. Solle sich niemant der da leitgebet unterfangen im sommer über uhr und zu winterszeit über uhr offen zu haben, auch keine rauf- und zänkerei gestatten sondern (im fahl die raufende oder zankende auf beschehene ermahnung nicht nachlassen) alsogleich um den nachtwachter schicken, dem richter davon die nachricht geben und nach befund und umstänt der sachen solche leut in arrest einziehen, und im fahl die sach von einer wichtigkeit wäre solches alsogleich entweder zu der canzlei nach der vesten Neudorff oder zu dem hoffmeisterambt nach Wien berichten.

5. Solle kein nachtwachter oder feldhütter auch andere, wer sie immer seint, keinen sant tägl wasen erden schotter oder stein von dem herrschaftlichen oder gemeingrunt ohne vorwissen der herrschaft wegführen lassen. ingleichen solle der richter alle unnothwendige ausgaben, trinken und essereien bei der gemeinde verhindern, ansonsten der cammerer oder gemeinversorger die unkösten gut zu machen schuldig sein werde.

6. Sollen die geschworne feldhütter nachtwachter und ein ieder aus der gemeinde in allen vorfallenden begebenheiten bei tag und nacht auf allemahliges begehren sich zu dem richter oder der canzlei unweigerlich stellen und brauchen lassen bei 3 reichsthaler straff.

7. Ein ieder in dem dorf solle alle raufhandl so er solche siehet, wann er kann, mit bescheidenheit verhindern oder aber der herrschaftlichen canzlei, wie oben gemelt, oder dem richter anzeigen. insonderheit aber solle sich ein ieder selbsten vor solchen handeln hütten, zumahlen beede theil, sowohl der anfänger als der andere, andren zum beispiel sollen abgestrafft werden. wann aber iemant, er sei wer er will, von iemant beschwärt wirdt, der solle die klag mit bescheidenheit erstens bei dem richter und wann die sach bei ihme nicht kann verglichen werden bei der herrschaftlichen canzlei vorbringen, alwo ihme alle billiche ausrichtung solle gegeben werden. übrigens aber, bei grosser straff, solle sich niemant, wer er immer seie, unterstehen sein aigener richter zu sein.

8. Solle sich niemant unterstehen einen inmann ohne vorwissen des richters oder der herrschaftscanzlei und ohne zulängliche zeugnus seines verhaltens einzunehmen noch auch über die nacht einen frembden, er seie wer er wolle, aufbehalten.

9. Ist denen jungen burschen das nachtschwärmen, worunter alles verstanden, bei eisen und bant verbotten.

10. Solle sich niemant der nichts nothwendiges zu thuen hat zu nachts sommerszeit über 8 uhr, winterszeit aber über 9 uhr auf der gassen sehen lassen.

11. Dafern sich alle als gehorsame treue unterthanen nach denen vorstehenden, ohnedem vor gott und der welt schuldigen puncten aufführen werden, so sollen sie auch alle versichert sein daß bei gesundheit, krankheit und allen ihren angelegenheiten die gnädigste herrschaft als ein vater vor selbe sorgen, sie lieben, die widerspenstige aber, gottlose und schlimme mit welchen die güte nichts verfanget und welche alles gute nur zu verhindern suchen, zu züchtigen wissen werde; verhoffend aber daß sich alle gegen ihre gnädigste obrigkeit in das künftige wie es sich auf gehorsame unterthanen gehöret aufführen werden, damit man, wie gemeldt, nicht ursach habe sie zu bestraffen.

Unter 12. folgen die Formeln der Eide, welche die Richter, die Gerichtsgeschwornen und die Unterthanen dem Erzbistum Wien als der Grund-, Dorf-, Vogt- und Landgerichtsobrigkeit über die Herrschaft Feste Neudorf, Biedermannsdorf und Möllersdorf zu schwören haben.

Herkunft / Fundort
Möllersdorf (Traiskirchen) | BH: Baden | Bundesland: Niederösterreich |
nähere Angaben
Entstehung: 1734 |
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 1: Das Viertel unter dem Wiener Walde (Österreichische Weistümer 7). Wien-Leipzig 1886, S. 583-585, Nr. 100/2 (Edition).

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