Ossarn, Banntaiding, Satz- und Ordnung (1674)


1674 Nov. 12.

Pantättung  wie auch satz- und ortnung  iber daß dorf Osßern, wie eß zu hauß und velt hinfiro in allem observiert, gehalten und jährlich am tag st. Martini abgeleßen werden solle, alß:

Erstlich und vor allen dingen solle in dorf Ossern in- und außwentige underthonen,  inleit und pürgknecht  und dienstbothen ain gott wollgefelligen, christlich - catholischen, erbarn und niechten wandl führn, alle sonn- und feürtäg fleißig in die kürchen gehen, die heiligen meß und predig anhören, vor ent deß gottsdienst nit außlaufen und ohne wichtig ehehafte ursach kainen verabsaumen.

Andern  sollen sich all und iete undertsaßen, wie die nahmen  haben, deß abscheulichen laster der gotslesterung, schelten und fluechen in- und ausserhalb deß haußes bei herrschaftlicher schweren ungnadt,  leib- und lebensstraff inhalt der kais. lantgrichtsordnung  am 59. art., 7. und 9. §, genzlich enthalten. elcher  hierüber betreten würt, der solle von dem dorfrichter alß ain übertretter der kaiserlichen hailsamen  satz- und ordnungen gefenklich eingezogen  und der herrschaft Neuen-Lengbach  zu gebührenter bestraffung gestelt werden.

Dritten. alle feür- und  sonderlich h. sambstag  abent solle sich im somer nach 6, im winter nach 3 uhr kein underthon, knecht oder diern in dem weinberg  oder veltarbeit, wie die namben  hat, mehr finden lassen. er darüber betreten würt, solle dem richter 72 dn straff verfallen sein.

Vierten ist zu gueter policei und einpflanzung  aller zucht und ehrbarkeit in dorf geordnet daß in dem leitgebheißern im sommer nach 10 und im winter nach 9 uhr weeder  in nach aussers hauß kein seitl wein mehr, ausser denen kintlbetern und kranken  leiten, außgegeben  werden  solle. ehr dariber handlet, solle iedesmalß dem richter 72 pfening verfallen sein.

Fünften. da aber frembt- oder bekante göst im leitgebhauß sich befinten und über obermelte zeit aufhielten, solle der würt selbige, wan sie nahent sein, mit freintlichen worden  nach hauß zu gehen, die weit- und frembten göst aber ain nacht zu machen  und schlaffen zu gehen beschaidentlich vermainen. elcher solches aber nit annemben wolte, solle eß der .ürt dem  richter anzaigen, der solle dergleichen unruebige  leit unverschont mit dem stock bestraffen.

Sechstens. zum  fahl aber in ain oder andern leitgebhauß ain tumolt, grein- und  raufhändel sich eraignete, soll der würt nit gleich selbsten drein schlagen, sondern  alsobalten umb  den richter und  geschwornen schicken fridt machen,  biß auf ain niechten morgen  in den stock oder koter legen lassen, den andern tag in giete vergleichen und wan  eß der miehe werth ist der herrschaft anzaigen.

Sibenten. alle hochzeiten, reich und armb, sollen nit mehr alß 2 tag .ehrn. doch kan  den driten tag denen jungen  gesöllen ain fruehestuck geben und  darmit beschliessen. ehr darwider handlet, der soll 5 pfunt pfening der herrschaft zur straff verfallen haben.

Achten sollen alle versprechen bei reich- und armen bei ainen stickl fleisch oder wein und broth  ohne ainige freß- und saufereien bei vorig außgesetzter pehn vorgehen.

Neunten. bei denen kintlmahlen  oder andern ladtschaften soll kain .berfluß in essen und trinken verspiert werden. doch ist zueläßig daß die gfatersleit zur kintstauf und vorgang  oder im jahr ainmall mit ainen mitag- oder nachtmall  nach deß haußes vermögen  verehrt und gespeist .erden. er aber gar zu räbisch tractiert und über diße ortnung schreit, der soll iedesmalß drei pfunt pfening der herrschaft verfallen sein.

Zechenten. so sein auch die tottenzöhrungen  alß ain verwerflicher mißbrauch  hiemit genzlich ab- und bei 5 pfunt pfening straff eingestelt. doch  ist allein denen tragern ain stuck brodt, drunk  wein wegen ihrer miehe oder etwaß wenigs in gelt zu geben passiert.

Ailften soll der richter auf der underthonn heüßer und ihren grinten ain fleißige obsicht haben daß sie ihre heüßer bei gueten pau und fridt erhalten. .o ain unfleiß und mangl verspiert und gefunden wirt, sollen sie selbigen alsobalten dem herrschaftspfleger umb remedierungs anzaigen.

Zwelften  sollen all und iede underthonen  kainen inmahn  oder pürgkönecht .b er 3 tag in ihren hauß aufhalten, er habe sich dan bei der herrschaft ordenlich angefogt und vor 32 fl. genuegsambe pürgschaft gelaist. .er daß entgegen thuet, der ist zu wandl 5 pfunt pfening.

Dreizechenten. an ain todtfahl bei ainelm behausten  underthon oder seinen weib  beschiecht, dem  soll der überlebente thail dem richter alsobalten anzaigen, der richter aber mit zwen geschwornen  die lantbreichige spör vornemben,  bei der inventur  alles treulichen anzaigen und taxiern, damit weeder  der herrschaft nach dem  verwittibten und deß verstorbnen erben kain unrecht beschehen  thue.

Vierzechenden  soll der richter in dem dorf die rauchfäng und feürstöt .enigist alle wochen  alles vleißes besichtigen lassen, wo sich ain mangl erzaiget alsobalten wenten oder der herrschaft zu verhietung grosses unhail umb  gebührliches einsehen alsobalten gehorsambist anzaigen.

Funfzechenden. da der richter umb ain oder andern geschwornen schickt, der trotzig und ungehorsamb  außbleib, so solle ain geschworner 72 dn, ain underthon aber 24 dn zum wandl verfallen sein.

Sechzechenden  soll auch  weeder  richter noch  geschworner  oder underthon  in sein selbst aignen sachen sein richter sein;  sondern wirt ain oder der ander mit schlegen oder scheltworden  angegriffen, soll er sein recht behalten, der richter bei der herrschaft, die andern aber bei ihren richter orndlich clagen und umb  außrichtung  biten, da ab er der handl so .ichtig wehre, der herrschaft anzaigen;  da soll ainem ieden der gebühr und billigkeit nach guet- und schleinige außrichtung beschehen.

Sibenzechenten  soll kainer ainigen marchstain  oder marchpaumb belaidigen vilweniger außwerfen  noch umbhacken;  .elcher  darüber betredten .ürt, soll lantgrichtlich abgestrafft werden. da aber ain stritiges gemärch und ainer beschau von nöthen, soll selbige auf anhalten von dem richter und seinen geschwornen  beschehen, welcher den befunt vor außtrag der sachen dem herrschaftlichen pflegern anzaigen solle. und solle dem richter von ieder beschau 72 dn und iedem geschwornen 24 dn gegeben .erden.

Achzechenden soll kain haußgesessner weniger  ain inmahn oder dern leit kain ungedächtes  feür über die gassen tragen, auch kain unflath, aschen oder körmist auf den forth- oder geheweeg  schiten bei straff 72 dn. da aber durch  daß getra.gene feür oder durch andere nachlessigkeit schaden entstehen wurde, solle die jenige perschonn mit leib und guet gefallen sein. da aber ain unversechenes  feür außkome,  daß gott gnedig verhieten .olle, sollen alle inwohner dem  feür zuelaufen und allen miglisten fleiß anwenden  darmit selbiges gelöschet und gedempft  werden  möge;  .er daß nit thuet, soll in herrschaftlich schwere  straff und  ungnadt  gefallen sein.

Neunzechenden. an ain nachpar dem  andern seine dienstbothen, knecht oder diern, auß [dem] dienst abwendig  macht und in seinen [hauß] haimblichen underschlaipf  gibt, der soll der herrschaft 3 und [dem] dorfrichter 1 lib. pfening unnachlessig verfallen sein.

Zwainzigisten. an durch die dienstleit, knecht oder diern, oder auch durch daß viech zu weingärten oder felt ain schaden geschäche, solle ain ieder haußwürt  deme  der schadt geschechen  solches alsobalten dem dorfrichter anzaigen, dem schaden besichtigen lassen, selbigen nach befunt der sach taxiern und den jenigen welchem  der dienstboth  oder daß viech gehört den schaden bezallen lassen. da aber der schaden muthwillig oder diebischer weiß beschechen, soll der richter solches dem herrschaftlichen pfleger zu gebührender  bestraffung anzaigen.

Ainundzwainzigisten soll an sonn- und feürtagen ain ieter ehrlicher haußman  zu rechter zeit zu seinem weib und kint ohne schreuen und poltern auf der gassen mit ruehe haimbgehen. er diß alß ain liederlicher dropf nit thuet, der soll von dem dorfrichter mit harten worten oder woll gar mit dem stock gestrafft werden.

Zwaiundzwainzigisten. an die weiber under ainander händl haben, schelten und fluechen, soll sie der richter verhörn und die jenige die er schuldig befindt in die fidl schlagen und durch daß ganze dorf auf- und abgehen laßen.

Dreiundzwainzigisten  und lesten werden  hiemit all und iede underthonen in den dorf Ossern obrigkeitlichen ermant daß sie samt und sonders in gottliebenten friden, ruehe und ainigkeit neben ainander leben und haußen, ihren natierlichen erbherrn und deroselben vorgesetzten pfleger und richter allen schuldigen  respect und gehorsamb  erzaigen, ihre gaben und lantßanlagen  zu rechter zeit abrichten, auch ob dißer ordnung  stätt und fest halten. an  daß beschicht, so hat die hochgnädige  herrschaft, vorderists auch gott und alle liebe heiligen ain grosses wollgefallen und wierdt sie sambtlich hier zeitlich und dort ewig sögnen, amen.

Zu urkunt und ewiger stätthaltung dessen ist diße pantättung  wie auch satz- und ordnung von dem hochgebohrnen  graffen und herrn herrn Johann  Carl Pälfy etc. ab Erdtet, graffen von und zu Plassenstain, freiherrn auf Biberspurg  Stampfen  Tiernlbach und Woiniz,  herrn der herrschaft Alt- und  Neuen-Lengbach  Paumbgartten  und Reipoltenbach,  der röm. kais. maj. würklichen  cammerern  und obristen etc. mit deroselben hochadelichen  secretinsigl confirmirt und bestätet und von dem damalligen pfleg- und lantgrichtsverwaltern  Christophen  Edlbeckhen  reformirt und aufgesetzt worden. beschechen  und zulm erstenmahl  abgelessen im ambthauß  Ossarn, am andern tag nach st. Martini deß aintaußent sechßhundert vierundsibenzigisten jahrs.

Aufgedrücktes Siegel.

Standort
Wien | BH: Wien | Bundesland: Wien | Eigentümer: Hausarchiv der regierenden Fürsten von Liechtenstein | InvNr.: Hss. Nr. 74 |
Herkunft / Fundort
Ossarn | BH: St. Pölten | Bundesland: Niederösterreich |
nähere Angaben
exaktes Datum: 12. November 1674 | Entstehung: 1674 |
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 3: Das Viertel ob dem Wienerwalde (Österreichische Weistümer 9). Wien-Leipzig 1909, S. 267-270, Nr. 43/II (Edition).

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