Zellerndorf, Dorfordnung (17. Jh.)

Demnach im dorf Zellerndorff, darinen sich ein ieder nachbar neben andern redlichen leuten gar woll erhalten und seiner narung pflegen und abwarten kente, allerlei zwispalt erhoben und keiner des andern schaden verhüten wöllen, sondern ainer auf den andern gesehen und keiner der andern katzen die schellen anbinden wöllen, unangesehen daß iederman und sie selbst durch einander über die grosse unordnung geklagt, daraus letzlichen, wie dann auch beschehen und genuegsamb erwiesen werden kan und noch zu besorgen, allerlei unrath entstehen möcht, ist durch die dorfobrigkeit daselbst nicht von aigens nutzes wegen sondern von nachbarschaft wegen geordnet und gebilligt worden, daß man zu erhaltung friet und einigkeit auch zu besserung und aufnemung ainer ganzen gmain die andern gruntrichter im dorf alle zusammen fordern und auf guetbedunken irer genedigen herrn und irer selbsten ein ordnung machen und etliche artikel so der ganzen nachbarschaft fürtraglichen und zum aufnemben gedeien möchten, fürmerken, inen deren abschrift ertheilen, darmit sie ire genedige herrn recht berichten und sich selbst genuegsamb über daß so sie selbsten in beisein der wolgemelten dorfobrigkeit gebilligt, zu bedenken hieten; darüber sich ein ieder richter, wann er seinen genedigen herrn solches fürbracht, mit dem ehisten, weil es den gemainen nutz betrifft, resolviren und bei dem dorfrichter anmelden soll, darmit alßdann die gemain zusammen gefordert und einem iedem nachbarn mit ernst darob zu halten einbunden werde.

Erstlichen, demnach allerlei leute sonderlich diß jar im lant ankomen und sich in die herberg einziehen, welche man oft ône grosse sorg, wann man gern wolte, von ainem dorf mit glimpfen nicht wegbringen kan, ist hochvonnöten daß ein ieder wirt sehe wen und waß für leute er einnembe. und darmit man wisse wen ein wirt einnemben wölle, soll der wirt am ersten zu seinem gruntrichter gehen, denselben inman fürstellen, und im fall er selber für in borg zu werden bedenken het, den inman gegen seinen richter per 32 fl. genuegsamb verborgen lassen, dardurch er nicht allein sein haußzinß bekomen sondern, da ein inman etwas ungebürliches stiftet, auch gepfendt werden möchte.

Zum andern soll man den lantsknechten welche ir ordentliche paßport haben, von gemainem abgesambleten gelt durch den darzu verordneten nachbarn ainen, 2 pfennig geben; denen aber so stets auf der gart laufen und lange zeit kein herrn gehabt haben, auch den haltern und andern starken leuten so sich auf das betteln verlassen, soll urlaub auß dem aigen geben werden. und ieder wirt so dergleichen leute, es sein lantsknechte oder andere so der allmosen nicht wirdig, über ein nacht hauset und hofet - wie denn leute gefunden so dergleichen wirte suechen, daß sie iren unterschloff haben, und wann sie etwas entfrembten, verstecken können, dardurch ein redlicher mann auch wider seinen dank unversehens in nachthail und schaden geret, - soll von seinem richter seinem genedigen herren angezaigt werden, darmit die nachbarschaft derwegen nicht in grosse nott kome, desselben obrigkeit in seinem verbrechen nach woll zu straffen wissen wirdt. im fall aber auch sein richter lessig sein wolte und solches der obrigkeit fürkeme, ist die dorfobrigkeit urbietig solches selbst bei desselben obrigkeit anzubringen, damit solches abgestelt und keines wegs gestatet werde. und soll ein iede person so garten oder beteln will sich beim dorfrichter anmelten.

Zum driten. demnach bei der nacht allerlei unrat geschicht, daß auch oftmals mörderei zu besorgen wann ein wirt die geste so lang aufbleiben lest, oftmals auch durch trunkenheit feuersnot entstehet, sol ein ieder richter auf welches gut der leigeb ist ernstes einsehen haben, den wirt sampt den gesten mit dem stock oder ander gefenknus nach gelegenheit deß verbrechens unnachlesig straffen; darauf dann der dorfrichter sampt seinen geschwornen auch acht geben sollen, dem gruntrichter, da im solche gest zu stark werden wöllen, so woll als in andern nöten ein nachbar dem andern schuldig. sampt den andern nachbarn zuspringen und zum gehorsam bringen helfen. wirdt aber der gruntrichter lessig und seinen ambtsunterthanen etwas zu gefallen übersehen wolte, soll der gruntrichter bei seiner obrigkeit derentwegen beklagt werden. und soll der wirt sein gest länger nicht als sommerzeiten umb zehen uhr und winterzeiten umb neun uhr sitzen lassen, darmit feuersnot oder andere not nicht zu besorgen sein dörfe, wie oben gemelt. hiemit sollen auch begriffen sein andre heuser darinen man ganze nachte die junge pursch spilen lest, darauß auch nichts guts entstehet.

Zum vierten. demnach vom gemainem gelt alberait 5 kleine feuerhacken, 7 feuerlaitern und 2 grosse feuerhacken gemacht worden, soll der dorfrichter acht geben daß solche fein ordentlich am notwendigisten örtern der heuser aufgehenkt werden, und zu welchen nachbarn hause ainiges stuck aufgehenkt wirdt, demselben einbinden das er darauf acht gebe und jerlichen raitung darumb thue. wurde im aber etwas unbewust seiner weggetragen, sol er fragen von welchen solches beschehen und mit dem eheisten widerumb herzue bringen lassen; dan ungewiß welche stunde unser herr gott mit solcher feuersnot straffen möchte. wurde aber der nachbar, wann das jar herumb ist, was in von solchen zeug eingeantwortet worden etwas verloren haben, soll er alßbald solches zu machen und zu erstatten schuldig und verbunden sein, darzu in sein richter billich halten soll. brech einer aber einige leiter so ers entnomen, soll er dieselbe auch wiederum ganz oder neu machen lassen. da auch etwas mehrers von solichen zu machen von nöten oder aber die alten hacken [und] leitern derfaulet wären, ist die dorfobrigkeit urbietig holz darzue zu geben so oft man dessen bedarf und begert.

Zum fünften. darmit auch nicht durch nachlessigkeit der wirte feuersnot entstehe, sollen die feuerstetebeschauer alle monat einmall umbgehen, und da einiger betreten der einen gefehrlichen rauchfang het seinem richter anzeigen; und da der richter mit sampt dem wirt die feuerstete zu bessern nachlessig sein wolte, sollen die feuerstetebeschauer wann sie herwider komen mit vorwissen des dorfrichters denselben einzuschlagen fug und macht haben.

[6.] Darmit die gemain roboth gleich umbgehe und niemanden fürsetzlicher und muetwilliger weise in der gemain roboth weder in undern oder obern dorf aufsehe, soll solcher mutwill von dem dorfrichter an eim hauer mit 72 pfennig, an eim paur mit 4 schilling gestrafft werden.

7. Wann der gemain metzen entnomen, soll ein warzeichen beim dorfrichter gelassen werden. bleibt er aber über nacht aussen, soll derselb bei welchem er gefunden 1 groschen zum pennfall dem dorfrichter verfallen sein.

8. Sollen die fleischhacker das kuefleisch dem ungarischen nicht gleich hacken. wurden sie aber betreten, auch wider die gebür mit ungerechten gewicht begriffen, oder aber das sie das fleisch, wie woll beschehen, nach der hand hingeben wöllen, sollen sie, wan sie durch die darzu geordnet beim dorfrichter angemeltet werden, unnachlessig wie zu Retz und Pulckau der brauch gestrafft werden.

9. Gleichfalls soll es mit den leitgeben auch gehalten werden. so oft sie mit unrechten ziment begriffen oder sonsten falsche maß geben wurden, sollen si von dem dorfrichter, wan sie angezaigt, mit 72 pfennig gestrafft werden.

10. Demnach auch, wan unser herr gott reiche weinjar beschert, die leitgeben aus andern orten, wann und so oft nachbarn ir aigen wein verschlagen und oftmals schlechter wein für Zellerndorfferische verkauft, soll hinfüro keinen lenger nicht als bis auf Martini wein hereinzufüren gestattet werden so lang most im aigen vorhanden sein, bei verlierung des weins so einer eingefürt wirdt.

11. Demnach zu weingarten durch die besonder halt großer schaden bißhero beschehen und keiner des andern geschonet, haben die richter einhellig gewilligt daß keiner, keinen außgeschlossen, sein vieh mit der besonder halt gen weingarten treiben soll. wirdt aber das vieh von ungewitters wegen durch den halter heim gelassen und nachmallen ein sonne darauf keme, das er sein vieh durch sein boten widerumb hienauß treiben ließ, soll das vieh an gebürliche ort da kein schaden zu besorgen und nicht gen weingarten getrieben werden. wurde aber einer darwider handeln, soll er durch den velthüter gepfendt werden. doch in allwege, da einer etwa guete weide für sein roß zwischen den weingarten wuste, sol im - doch das er nicht boten darzue stelle durch welcher nachlessigkeit schaden beschehen möchte - sein roß zu weiden und anzuschlagen unverboten sein.

12. Wann etwa leute durch den velthüeter oder andern nachbarn betretten welche weinstecken oder weinstock aus frembden und nit den irigen weingarten herrein in das dorf oder aber gegen Deitzendorff, Pillersdorff oder anders wo hintragen, sollen dieselben so oft sie betretten dem dorfrichter zum peenfal 72 pfennig sampt den stecken und stock verfallen sein.

13. Soll der velthüeter acht geben auf die jenigen persohn so auf frembden grunden halm rechen, felber oder ander baum stumlen, dieselben pfenden und da sie ihnens nit weren wollen lassen ihren richtern anzeigen, damit sie von inen gestrafft und hinfurder sich frembder grunde und baum zu enthalten wissen.

Herkunft / Fundort
Zellerndorf | BH: Hollabrunn | Bundesland: Niederösterreich |
nähere Angaben
Entstehung: 1600 - 1700
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 2: Die Viertel ob und unter dem Mannhartsberg (Österreichische Weistümer 8). Wien-Leipzig 1896, S.210-213 , Nr.35 (Edition).

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