Stratzdorf, Rechte der armen Leute (c. 1400)

Lieber genädiger herr, wïr arm leut van Straytzesdorff lassen ewr gnad wissen unserew recht dew wir haben in dem veldgericht inderhalb des Camps in geleicher mass als unser vëter van ewrn varvadern saligen herpracht und gehabt haben, als man di all jar dreistund derkchent in dem rechten zu Prunn var ewrem gewaltigen richter. biten wïr ewr gnad das ïr uns dabei behalt und uns und unser nachkomen dabei lasset beleiben, wann wir sprechen bei unseren trewn und aid den wïr euch und ewren vadern geswaren haben, das ïr unser rechter erbvogt seit und nicht petvogt.

Item von ersten, so melden wïr das sich ewr veldgericht anhebt an dem Eselstain do der prunnhengst nider velt, und get mitten in der lantstrass durich Gererstorff naw unz mitten in den Champp, und in den alten Champp naw unz mitten in dew nawfart, und in der Twennaw hern gegen unz neben Prueffinger ekch. was wandelwërtiger sach sich in dem chrais verget, von wann der man sei oder kchumpt, wes die gueter sind, so dertail wïr die wandel niempt wenn euch und ewrm gewaltigen richter.

Auch lass wïr euch und ewr genad wissen das ewr veldrichter dreistund schol sitzen an dem rechten in dem jar. und lassen euch wissen das alle die da zu schaffen habent bei dem rechten umb erber sach, die schullen freiung haben des selbigen tags wann er sitzt an dem rechten.

Item, den ersten tag schol er sitzen des nagsten mantags nach unser frawn tag zu der liechtmess zu Prunn. den anderen tag schol er sitzen des nagsten mantag nach sand Georgen tag auch zu Prunn. den dritten tag schol er sitzen des nagsten mantag nach unser frawn schidung.

Und umb denselbigen sitz schol man im raichen albeg 60 pfennig von ïglichem taiding, das ist dreistund in dem jar. di selbigen 60 pfennig schol er an anders niempt vadern den an des gotzhaus amptman van Hertzogenbürg, wer der ist uber das güt zu Straytzesdorff mit seiner zuegehorung.

Auch schol der selbig amptman dem selbigen richter all jar raichen zu vaschang 23 vaschanghünner von dem selbigen guet oder fur iedew henn vïr phenning. auch schol der selbig amptman dem selbigen richter all jar raichen 6 schilling pfennig zu landtading zu weinnachten. und ob der amptman des vogtrechts alles von gewalt oder var armüt nicht bechomen chünt, so schol er dem richter dorauf raiten und zellen, den richter hat er domit gericht und gewert.

Auch muessen diselben arm leut dem herzogen all jar raichen und geben von iedem lechen metzen habern marchfueter.

Auch hab wïr das recht, wann wïr zu den tëding komen, das wïr vargenant Straytzesdorffer schullen taidingen vor den Prunnern und unserew recht derkennen.

Auch schullen wïr alle die zu den tëdingen gehorent chumen an den drin tag?en in dem jar als var benant sind, er pring dann an den tag das in ïrr ehaft nat; tuet er des nicht, so ist er 12 pfennig zu wandel.

Auch lass wïr ewr genad wissen all die wandel die wir melden in offner schrann:

Item, swert zukchen, messer zukchen in gevër und doch ân schaden 12 pfennig zu wandel, ob er furkumpt ee das der richter gesessen ist; ist aber der richter gesessen mit dem stab?lein, so ist das wandel 24 pfennig.

Item, fliessund wunden 72 pfennig, di 60 dem richter, di 12 dem amptman.

Item, plikwunden oder lëm, wie dew genant ist, zu wandel 5 lib. pfennig.

Item, wer ainen slecht mit offner hant 5 lib. pfennig zu wandel, tuet er di hant zu 1 lib. pfennig zu wandel.

Item, ob zwen sich mit einander rauften, als manig vinger in dem har als manig phunt.

Item, ain nachwur?f mit ainem messer zu wandel 5 lib. phenning, mit ainem stain 1 lib. pfennig, mit ainer hakchen 1 lib. henning.

Item, ob ainer spant in gevër, er schiess oder nicht, 1 lib. pfennig zu wandel.

Item, glitzschen spiess ob ainer dew austrait in gevër und piderbt, 6 schilling und zwen pfennig zu wandel.

Item, von ainem slechten werichzeug 12 pfennig zu wandel.

Item, ob ain man den anderen sluëg das man den tad besargt, di weil der wunt man ain vedern mag gerueren mit dem adem vor dem mund, so sol der schuldig man des richter huld gevachen umb 5 lib. pfennig zu wandel, und schol im di vergueten das der richter unbesargt sei; so schol der richter den schuldigen man hilflich sein gegen dem statgericht und gegen seinen veinten. ob das wër das si an das tar kemen und di weil der wunt man lebt, so schol im der richter hinden dovan helfen auf ain freiung und schol in mit der ub?ermass, wann er bezalt wïrt seiner lib. pfennig, seinen frumen lassen schaffen in das lant und aus dem lant, wo im sein nat hin geschiecht.

Item, ob ainer dem anderen zulüsemt in gever, es sei weib oder man, was dem selbigen geschiecht mit slegen oder mit stos?sen aus dem haus, des schol der wïrt und sein hausgesint unengolten sein gegen dem gericht, und schol dennoch der selbig der do begriffen wïrt sein umb 6 schilling und umb 2 pfennig zu wandel.

Item, ob ainer den anderen haimsuecht mit warten oder mit werhen, das er das an den tag mag pringen, mit slegen oder mit stos?sen oder mit zeugnuss, so ist er 6 schilling und zwen pfennig zu wandel als oft ers tuet. und ob ainer veintschaft hiet und sein tur nicht wol verslossen wër, oder ob man im die aufstiess und hin in lief, wie vil ïr sind hin in gelaufen ieglicher umb 6 schilling pfennig und zwen pfennig dem gruntherren, und heraus umb 6 schilling pfennig und 2 pfennig dem veldrichter zu wandel.

Item, ob ainer dem anderen nachgët aus ainem anderen gericht in das veldgericht und wïrt begriffen, der ist zu wandel 6 schilling 2 pfennig, und allen den harnaschs den man bei im begreift, es sei armbst spiess oder swert, des ist er vervallen.

Item, man schol unser dhainem verpieten in stëten oder in mar?kchten oder var kirichen ân zu red setzen unsers amptman oder unsers richter. wer das dorub?er tuet und niempt zu red setzt, der ist umb das wandel, ein gast 6 schilling 2 pfennig, ein vogtman 72 pfennig, und schol den verpoten von der herberig richten.

Auch ob ain man den anderen slueg mit aim scheit, der ist zu wandel 6 schilling 2 pfennig.

Item, mit ainem swert mit palg mit al 72 pfennig zu wandel.

Item, ob ainer durch das dorf rit, fur? oder gieng und schaden tët an leuten oder an viech, so schullen in die nachpawrn vachen in des richter namen und schullen des unengolten sein gegen dem gericht. fuër er uber ain viech und wolt sich geren mitten nach der nachtpawren rat ân not?tung, so ist er nicht wandelwertig; müst man aber in notten dorzu, so ist er wandelwërtig 6 schilling 2 pfennig. tëtt er aber schaden an ainem menschen, das schol er puessen nach dem und er gewaricht hat und als di nachpawren erchennent.

Item, kem ein chut?zeldeup in das dörf und trueg ainem sein hab hin, vil oder wenikch, und wurd das nachgelauef das er das liess vallen, das schol man aufheben mit ainer gewissen und schol es legen hinz dem amptman, der selbig schol das dem richter ingeantbuerten.

Item, kem ain rechter deup und prech aim sein ere und auf sein güt, so schol ain nachpawr mit dem anderen auf sein ob das geschrai würd, und schullen in vachen mit slegen, mit we man in dann gevellen mag, und schol des ieder man gegen dem gericht unengolten sein; wer das verlëg mit willen, der wër zu wandel 72 pfennig. und schol der selbig deup uber nacht ligen hinz dem amptman, unz daz er das dem veldrichter zu empeut. der sol in denn vegsen mit sambt dem guet und sol in behalten an den dritten tag, und sullen dem statrichter zu wissen tun?n, der sol in vegsen an dem dritten tag; und di hab di er verstollen hat di sol dem veldrichter peleiben, und der selbig sol dem statrichter geben 72 pfennig zu fürvachen, und sol in dem statrichter geantburten als er mit gürtl umbvangen ist. und ob der statrichter saumig wër und nicht këm an dem dritten tag, so sol in di gemain mit dem veldgericht ausfuren zu dem valtar und sullen in da pinden mit aim rüghalben; stet er lang oder kürz, des sind sew gegen dem statgericht unengolten. wurd er aber pegriffen inner haus, so ist di hab dennoch des wïrtz, und den deup sol man geantburten da er pillich hingehört, als var benant ist. liess man in aber hin mit willen, wer der wër, der hiet sich des gerichtz underwunden.

Auch lass wïr euch wissen daz wïr ain graben haben, damit wïr uns weren der Twennaw. wer uns den selben mit willen durichliess und liess daz wasser auf uns, der ist zu wandel nach iedem nachpawrn 6 schilling 2 pfennig und sol uns unser schëden abtragen.

Und wann di Twennaw gras wirt, daz der amptman den graben will machen und di nachpawrn zu im vadert, wer saumig wer der ist umb daz wandel, ain pawr umb 24 pfennig, ain hawer umb 12 pfennig.

Auch sind di herren von Hertzogenbürg pessrer inner haus, ausgenamen drei sach: tadtsleg diephait natla, der ist pessrer der veldrichter.

Auch alle di weg di umb daz dörf gent di sind genumen warden von meiner herren gueter von Hertzogenbürg. wer uns die enget und sich freuntlich mitten wolt, der wër zu wandel nach iedem nachpawrn 6 schilling 2 pfennig und sol uns. unser weg raumen.

Auch lass wïr euch wissen daz wïr ain ausgemesnew viechtrift haben durich Teysser und Slicherstorffer veld und zu Slichkerstörff durich daz dörf, pei der patstuben anzuslachen. wer uns die enget mit vergraben oder mit verstössen, der wër zu wandel nach iedem nachpawrn 6 schilling 2 pfennig und sol uns unser waid wider raumen; tät er des nicht, so sull wïr daz gericht zu hilf nemen und sullen di selb raumen. und sullen auch auf unser viechtrift treiben wann und als oft uns des nat geschiecht.

Alle die dew viech auf der waid hieten und guet darumb nëmen, den sol man daz weren; wer im daz nicht weren liess, der ist von iedem haup 12 pfennig zu wandel und dem richterkchnecht und den nachpawrn van iedem haup 4 pfennig zu vertrinkchen. auch ist uns di waid frei, und ist also von alters herkomen daz wïr kain waidphening noch dïnst davan nicht geben. auch als verr unser pürkchfrid sagt, als verr meld wïr di vargenanten wandel.

Auch ob ainer den andern überzänicht oder uberhawt oder uberakchriet an den rain in gevër, der ist 6 schilling 2 pfennig zu wandel und enem den grunt wider ze raumen.

Auch ob ainer dem andern den marichstain auswürf, der ist dem gericht vervallen auf gnad.

Auch sol ain man den andern nicht pesagen. wer daz doruber tät, der wër umb alle di wandel da er enn umb pesagt.

Auch ob ain man den andern ub?erzimriet, der ist 6 schilling 2 pfennig zu wandel und sol daz zimer absetzen auf das recht marich, als daz di nachpawrn derkennen.

Item, ob ain eeweib di ander ubelhandliet, dew ist zu wandel 6 schilling 2 pfennig. macht si den man zarnig daz er sich selber rech, daz sol man derkennen zu Prunn in der schrann di zwo gemain was der verwandelt hab.

Item, ob ainer ein freis weib slueg oder ain frëhait oder ain schering, der ist zu wandel 4 pfennig.

Auch sol ain nachrichter oder ain veldscherig nicht mer vertrinkchen hinz ainen leitgeben 14 den ain phenning und sol dann ausgen.

Item, all panfrid winter und sumer sullen gefridt sein. geschäch aber ainen icht schaden, di sol im der da nicht gefridt hat abtragen und ist 12 pfennig zu wandel.

Auch [was] wandel geschiecht in wein die ainer selben gepawt hat, der ist der recht herr pessrer. sind es aber kaufwein, so gehorent si zu dem veldgericht.

Auch ob kaufleut këmen in daz aigen und wolten von aim kaufen welher lai daz wër, und ob ainer da wër und entzug ims zu frum und ainen zu schaden, der ist umb daz wandel, ain gast umb 6 schilling 2 pfennig, ain gesessner umb 72 pfennig.

Item, ob kaufleut kämen und guet würd verkauft da angeben würd ain phenning, und ob sich ainer des abtëtt ân des andern willen, der ist umb daz wandel, ain gast umb 6 schilling 2 pfennig, ain gesessner umb 72 pfennig.

Auch wer ungerechtew mass geit an wein oder an getraid, als oft er das tuet 12 pfennig zu wandel und sol enem sein schaden abtragen.

Auch ob ainer dem andern sein diern oder sein kchnecht enphrömbt, der ist zu wandel 72 pfennig und sol enem ein andrew dïren oder kchnecht wider stellen.

Item, ob ainer unsern halter slueg, der ist zu wandel nach iedem nachpawrn 6 schilling 2 pfennig. slueg in aber ain nachpawr, der ist umb 12 pfennig zu wandel.

Auch hab wïr das recht das wïr uns und Slicherstorffern und allen den dew di recht mit uns habent ein halter sullen dingen zu Straytzesdorff var dem ambtman.

Item, alles das wïr dertailen in dem rechten, daz sprech wïr bei unsern trann. wer uns darin widertrib, der ist umb das wandel: ain pawr umb funf phunt phenning, mag er der nicht gehaben so sol man im ain hant abslachen var dem rechten; aber ain phantmessiger edler man umb 32 tal. pfennig zu wandel.

Alle di wandel di vargenant sind die sind zu nemen nach genaden. 
Standort
Herzogenburg | BH: St.Pölten | Bundesland: Niederösterreich | Eigentümer: Stiftsarchiv Herzogenburg | InvNr.: Papierhs. (15. Jh.) |
Herkunft / Fundort
Stratzdorf | BH: Krems | Bundesland: Niederösterreich |
nähere Angaben
Entstehung: 1390 - 1410
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 2: Die Viertel ob und unter dem Mannhartsberg (Österreichische Weistümer 8). Wien-Leipzig 1896, S. 862-868, Nr. 125 (Edition).

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