Markgrafneusiedel, Vergleich der beiden Dorfobrigkeiten über ihre Banntaidingsrechte (1614)

Zu vermerken: nachdem die dorfobrigkait zu Marggraff-Neusidl am Marchfeldt gelegen zugleich der herrschaft Wolckherstorff und dem closter predigerordens alhie zu Wienn zuegehörig und aber in villen jahrn kain ordenliches panthaidung gehalten worden, das also weeder si beede dorfobrigkaiten noch dern oder auch   anderer alda wohnende unterthanen aigentlich berichten künnen wie es vor diesem sowoll zwischen dennen  dorfherrn als beeden dorfrichtern wegen des vorgangs und sonsten zu panthaidungszeit und durch das jahr mit  beruefung der gmain und der umbfrag gehalten worden, disem nach und weilen sich hieraus allerlai mißverstant  zwischen denen herrn wie nit weniger unainigkeit zwischen der gemain erweckt, haben sich beede  dorfobrigkaiten für sich und ire nachkumen auf ein ewiges und stättes ent nachvolgenter ordnung verglichen:

Erstlich verbleibt beeden thailen die dorfobrigkait wie bißhero zugleich unzerthailt und sollen innen beeden die zuesteudigen wändl bei den panthaidung gesambt verrait, da auch der dorfobrigkait wegen sich icht was zuetrueg so von denen herrn selbst zu verrichten oder zwischen den unterthane zu ordnen wäre, dasselb von beeden gesambt verricht und verordnet werden. was aber die gruntobrigkait  angehet, hat ein ieder herr mit seinen unterthanen allermassen wie bißhero ohne alle des andern hindernuß oder irrung wie andere gruntobrigkeiten zu disponiern uud zu schaffen fueg uud recht.

Anderten. zu erhaltung gleichhait sollen die panthaidung das ain jahr auf dem Wolckherstorfferischen, das ander auf der herrn prediger grunt und also fortan, doch von beeden herrn angestelt werden uud alzeit der jhenig dorfherr auf dessen grunt das panthaidung gebalten wierdt den vorsitz und das directorium haben, und also das künftig sechzehenhundert und funfzehente jar die herrschaft Wolckherstorff den anfang machen.

Ingleichen sollen es auch für das dritt die zwen dorfrichter halten, alß nemblich: dessen dorfherrn richter so bei den pantbaidung den vorzug gehabt soll das volgent jahr dem andern vorgehen die geschwornen oder gmain mit vorwissen und willeu des andern richters zu erfordern, die umbfrag zu halten und alles was etwan von dorfobrigkait wegen zu verrichten sein mag in namen beeder dorfherrn und allezeit in beisein des andern dorfrichters oder wen derselb an sein statt schickt verrichten. die straffen welche denen dorfrichtern gebüern sollen beede zu gleichen thail thailen. was aber wegen der gruntobrigkait zu thuen fürfält hat ein ieder richter  für sich selbst zu verrichten und abzustraffen ohne des andern wissen oder beisein, und soll diß 1614. jahr biß auf st. Joannis des taufers tag deß 1615. jahrs der herrn prediger richter, weil auf deren grunt das panthaidung
obgemelter massen und weiß an st. Joannis des taufers tag gehalten worden, den vorsitz und anders wie oben stehet zu verrichten haben.

Damit auch für das viert denen richtern ain gleichhait sei, so haben sich beede dorfherrn verglichen das panthaidung järlicb an gesagtem st. Joannis des taufers tag, das ist den vierundzwainzigsten juni, anzustellen.  da es aber ie wegen erbeblicher verbinderung auf denselben tag nit beschehen kunt, so soll doch nichts destoweniger am selben tag dessen dorfherrn richter auf welchem grunt das panthaidung gebalten hete werden sollen, den vorzug zu haben allezeit anfangen.

Letztlich. mit haltung der panthaidung wierdt es allezeit wie anheur gehalten werden, das nemblich zu anfangs die richter ieder seinem herrn das ambt aufsagt, hernach diser vergleich und das panthaidungbuech verlesen und darauf von iedem aus der gmain, er sei was gruntobrigkait er sousten wöll, auf zween, als ainen der herrschaft Wolckherstorff und ainen der herrn predigern unterthan, die stimb zum richter geben, darauf auch die vier geschwornen aus allen gruntherrschaften sovill müglich von den zwaien neuen richtern. als [von] ieden zwen aus der gmain, benennt und begert werden sollen.

Zu urkunt haben beede dorfherrn disen vergleich zu anfang irer panpüchl einverleibt und an ainander beedes mit hantschriften und pedtschaften becreftigt. - Actum Wienn 1614.-

Herkunft / Fundort
Markgraf-Neusiedel | BH: Gänserndorf | Bundesland: Niederösterreich |
nähere Angaben
Entstehung: 1614 |
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 2: Die Viertel ob und unter dem Mannhartsberg (Österreichische Weistümer 8). Wien-Leipzig 1896, S.1-2, Nr. 1/I (Edition).

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