Klein-Retz, Banntaiding der landesfürstlichen Unterthanen (1524)

Pantading. Reetz under dem Püsemberg. renovirt anno 1611.

1524.

Pantäding underm Püsemberg.

Wir unsers genedigisten herren und lantsfürsten erzherzog Ferdinanden verordnete räthe und comißarien der reformation deß erzherzogthumbs Osterreich under der Ennß haben dero von Reetz underm Büsemberg alt panthadung und rewhegung, in massen die unß auf ainer zettel fürgebracht, ersehen und darauf ermelter underthonen pitt und begeren, nachdem inen [ir] alt panthädingbüechl und freihait so sie von denen fürsten von Osterreich gehabt haben sollen verbrunnen, dise nachfolgende ordnung aufgericht, welche ordnung auch also durch die berüerte von Reetz biß auf furstlicher durchleuchtigkait willen und wolgefallen gehaltn, volzogen und genzlichen glebt werden solle.

Der erst articul.

Anfänglichen haben wir gesetzt und fürgnomen daß daß panthäding wie von alter hero alle jahr zue gelegener zeit in dem aigen zue Reetz durch furstlichen durchleuchtigkait castner zu Wien oder wen ir fürstliche durchleuchtigkait oder irer durchleuchtigkait vitzdumb zue Wien mehr darzue verordnet, beseßen und der underthonen beschwert, mängl und gebrechen nach der notturft vernomen werden sollen.

Der ander articul.

Die gedachte personen so unser genedigister herr und lantßfürst oder der vitzdumb zue Wien neben seiner furstlichen durchleuchtigkait castner also zue dem panthäding verordnet, sollen durch die underthonen zue Reetz mit zimblicher notturft daselbsten von den zwaien pfunt pfening so man mahlpfening nennet, auch andere personen so an dem rechten sitzen, underhalten werden.

Der dritte articul.

Aber der furstlichen durchleuchtigkait richter der also bei dem panthäding sitzet solln sie dem alten brauch nach für sein gehabte mühe jährlichen geben sechßsig pfening.

Der 4. articul.

Man soll auch solche haltung des panthädings denen underthonen deß aigen drei tag vor ehe und man eß halten will zeitlich verkünden, auch offentlich wie von alter heerkomen zue dreien mahlen durch ein richter zue Reetz verrüeft werden, darmit sich ein ieder darnach wiße zue schicken und anhaimbs zu enthalten.

Der 5. articul.

Welcher underthon obangezaigte verkündigung und beruefung deß panthädings wiste und darbei nit erschine, daß wißentlichzue ime gebracht würdt, der soll zue wandel geben sechs schilling zween pfening, wie von alter heerkomen ist.

Der 6. articul.

Eß mag auch ein iederman zu berüertem offnen panthäding komen, er sei in dem aign angeseßen oder nit, und sover er ainicherlai beschwerde hette, durch sein clag wie sich gebürt fürbringen, darauf ainem ieden nach zimblichkait und gelegenhait der sach außrichtung beschehen solle.

Der 7. articul.

Verrer so ein streihender dieb oder anderer ubelthäter in dem aigen befunden, soll der oder dieselben durch den richter mit hülf der nachpaurschaft, die er der richter darzue beruefen, von stunt gefanglichen angenomen und alßdan auf seinem wagen wol verwahrt ainem vitzdumb in daß huebhauß gehn Wien geantwortet werden.

Der acht articul.

Eß soll auch kain lantrichter zum Greitznstain noch ander orten macht haben in dises aigen nach dem ubelthätter zue greifen noch sich deßelben understeen derselben thäter ainen oder mehr darinnen zue haben, sonder wo er ainen weste den mag er bei ainem richter güetlich anzaigen, darauf dan der richter gegen dem oder denselben ubelthäter handlen, vänklich annemen und in daß huebhauß gehn Wien antwurten, wie in dem vordern capitel außgedruckt und vermeldt ist.

Der 9. articul.

Deß frawencloster zue Tuln holden so daselbstn zue Reetz sitzen sein dem landßfürsten gevogt, inhalt der fünfzehen metzn vogthabern so sie dem fürsten jährlich geben; sollen auch durch den landsfürsten und deroselben anwälde beschirmbt und vor allem gwalt versichert werden.

Der 10. articul.

Wer feiendschaft zue ainem in dem aigen hett, der soll sich nit understehn selbsten zue rechen oder ein geselschaft von andern aigen an sich faßen denselben zue überfallen, sonder soll sein beschwer ainem richter deß aigens anzaigen, der ime von stunt wendung thuen soll. welcher eß nit thete und darüber ergriffen, den soll der richter vänklich annemen und ainem vitzdumb in daß huebhauß gehn Wien antwurten, daselbsten gegen ime mit leibstraff gehandlet werden soll wie sichs gebürt.

Der 11. articul.

Deßgleichen so ein angeseßner feindschaft hette und würde von demselben in sein haus gejagt und daß ime mit gwalt und puch daßelbig aufgestoßen wurde, auf solches sol richter sampt der nachpaurschaft mit fleiß sehen und solchen muetwiller von stunt anzuenemen und ainem vitzdumb gehn Wien antwurten, der waiß alßdan darauf nach gebür zue handlen und mit straff gegen ime zu verfharen.

Der 12. articul. 

Wan zween nachpaurn mit einander umb schlecht sachen unainß werden und umb ein sach zue krieg komen, sollen sie solches dem richter anzaigen, der fleiß haben soll sie mit einander zu verdragen, wo nit ainem castner fürbringen, welcher eß alßdan weiter, sover er under inen kain bericht machen möcht oder die sachen ettwas zue groß weren, ainem vitzdumb anzaigen soll.

Der 13. articul.

Welcher ainer den andern mit bloßer wehr oder mit ainem brügl auf freier gaßen schlegt, ist zue wandl verfallen und schuldig fünf pfunt zween schilling pfening, wie von alter auch heer gewest, und dem belaidigten nach gelegenhait der sachen sein schaden abzuedragen.

Der 14. articul.

So hatt auch die gmain deß aigens zue Reetz ein gmaine wait von dem Thonawbrunnen biß an den Eckhlßperg, anhangende wait, darvon sie ainem ieden fürsten von Osterreich jährlich dienen von ainem lehen acht keeß, von ainem halben lehen vier keeß und von ainer ieden hoffstatt auch vier keeß. solcher anhangender wait sollen sie sametlichen mit einander genießen und kainer vor dem andern ainigrlai vorthail haben.

Der 15. articul.

Wo inen auch durch ire anstößer und anrhainer ainigerlei eingriff in berüerte wait beschehe oder sonst in ander weeg ettwaß beschwerlichers obleeg, sollen sie solches alzeit an ainen castner glangen laßen. derselb castner soll alßdann solche ire mängl verrer mitsampt inen, sover er für sein person darinnen nit wendung thuen künte, ainem ieden vitzdumb zue Wien anzaigen, der waiß alßdann darauf waß sich gebürt zue handlen und die armen leut vor gwalt zu versichern.

Der 16. articul.

Welcher pflanzsteeg oder schlöttergrueb macht, soll er dieselben so er sie genutzt hatt innerhalb dreien dagen widerumb hinweck thuen und einziehen. wo solches nit beschehe und ainicherlai schaden daranß entstunde, ist der so die pflanzsteeg und schlöttergrueb gmacht den schaden zu bezalen schuldig und dem richter deß aigen von wegen der beschaw zue wandl zwölf pfening, wie von alter heerkomen ist. 

Der 17. articul.

Alß ainer dem richter oder den geschwornen nit gehorsam sein wurde, soll er der obrigkait nach gelegenhait ainer ieden sachen daß wandl verfallen sein.

Der 18. articul.

Eß sollen auch zue der zeit alß man daß panthäding besitzt alle marchstain durch den richter und die geschworne nothtürftiglichen beschawt und besicht werden, und wo alßdan ein marchstain ungrecht befunden, derselb soll durch berüerten richter und die geschworne widerumb außgegraben und recht gesetzt, auch der deßen der ungerecht marchstain gewesen umb sechs schilling zween pfening zue deß landßfürsten handen gestrafft werden.

Der 19. articul.

Wurde aber ainer erfunden der ainen marchstain haimblich oder mit frevel offentlichen außwürft oder grüeb, darauf dan richter und die geschworne mit allem fleiß sehen sollen, [sollen] sie alßdan denselben thäter ohne alles verzihen vänklichen annemen und ainem vitzdumb gehn Wien antwurten, der waiß darauf gegen ime zue handlen und mit gebürlicher straff zu verfharen.

Der 20. articul.

Niemant soll auf die gaßen aschen, federn oder andere unsauberkait dragen oder auschütten. welcher darüber ergriffen, soll dem richter zue wandl geben zwölf pfenning.

Der 21. articul.

Welcher seinem nachpaurn zu nahet oder zue schaden zeünt und solches beweißlich würdt, soll er dem richter von iedem stecken zue wandel schuldig sein zwölf pfening, doch nach gelegenhait deß schadens soll diser wandl gemäßiget werden.

Der 22. articul.

Eß soll ein ieder nachpaur dem andern schuldig sein die stälhöff außzuefriden. welcher solches nit thete, soll dem richter zue wandel geben zwölf pfening.

Der 23. articul.

Ein ieder der in dem aigen genß habn will solle sie anderen ohne allen schaden halten. wo aber durch die berüerte genß iemant schaden beschehe, soll derselbig schadt durch den richter und geschworne mit fleiß beschawt und durch sie erkent werden; solchen schaden soll alßdan der deßen die genß sein ohne alle ausflucht dem der den schaden gelitten bezalen.

Der 24. articul.

Und so ainer also genß hette die vorhin schaden gethon, und dieselben gens durch sein unfleiß noch weiter schaden theten, daß weißlich gmacht würd, soll er dem richter von ieder ganß zue wandl geben zwölf pfening oder sich deßenhalben mit berürtem richter nach zimblichkait verdragen.

Der 25. articul.

Niemant soll den fluß deß waßers anderst laiten sonder wie von alter heer geweest rinnen laßen, es sei zue velt oder zue dorf.

Der 26. articul.

Wer ainem andern daß waßer in sein hauß oder grunt zue schaden laitet, soll man es dem richter von stunt anzaigen, der soll darob sein daß es gwendt werde. welcher solches uber deß richters geboth nit thuet und ungehorsam erschine, soll dem fürsten zue wandl verfallen sein fünf pfunt sechßzig pfening, wie von alter heerkomen ist.

Der 27. articul.

Die angießer sollen mit allem fleiß bei denen leutgeben und würten im aigen auf die falsch maß sehen. wo sie deren aine oder mehr befunden, die sollen sie nemen und solches dem richter anzaigen, darumben ein ieder zue wandl geben soll sechs schilling zween pfening.

Der 28. articul.

Würdet aber derselb darüber noch mehr mit falscher maß betretten und sich deßen nit maßen wolt, soll der richter denselben ainem vitzdumb gehn Wien antwurten, der waiß alßdan mit leibstraff oder in ander weeg gegen ime handlen zue laßen wie sich auf ainen solchn falschr zu thuen gebüert.

Der 29. articul.

Kompt ainer zue dem richter, eß sei ein außländer oder inlender, und klagt ainen geseßnen in dem aigen umb schulden an und dem richter seine gerechtigkait gibt, soll er nach demselben so beklagt würdet schicken, und sover er der schuld anhellig und bekantlich soll ine der richter darzue halten daß er bezalung thue und den klager weiter unclaghaft mache.

Der 30. articul.

Ist er aber der sach nit bekantlich, so soll der richter den beklagten auf des andern anruefen halten zum rechten. ob aber der arme man deß rechten nit vermöcht und der sachn zue einfaltig were, so soll ermelter richter beede partheien für ainen vitzdumb weisen und beschaiden alda deß endschiets zu erwarten.

Der 31. articul.

Wo aber ein geseßner im aigen ainem außlender schuldig were, der ine oder andere seine nachpaurn von seinetwegen unbeklagt seines richters oder obrigkait an andern orten verbeut, solches verpoth soll kain kraft haben noch er ime ainicherlai antwurt schuldig sein, eß werde dan die sach zuvor an den richter in dem aigen gelangt und klagweiß fürgebracht; auch der beklagt derhalben dem richter kainerlai wandl schuldig sein.

Daß 32. capitl.

Wer felber stößen will, der soll es thuen auf seinen gründen andern leuten ohne schaden. und so der felber auferwächst und zue früchten kompt und ainer denselben muetwilliger weiß verderbet, der soll dem fürsten zue wandl geben fünf pfunt sechßzig pfening, wie von alter gwest.

Der 33. articul.

Eß soll ainem ieden verpotten sein zue ungewonlicher und verdachtiger zeit nit zue schobern, darauf dan der richter und geschworne mit fleiß sehn sollen. wurde ettwan ainer ergriffen der andern zue nachthail schobert, den soll man ainem vitzdumb anzaigen, der waiß nach gelegenhait darauf zue handlen.

Der 34. articul.

Geht aines nachpaurn viech ainem andern nachpaurn in seinen ackern wisen gärten und andern gründen zue schaden, solcher schaden soll durch den richter und vierer mit fleiß besichtiget werden und nach gelegenhait deßelben die bezalung verschaffen und dem richter geben zwölf pfening.

Der 35. articul.

Eß mag auch ein ieder nachpaur der also ein frembdes viech so ime zue schaden gangen und er es in seinem grunt befindet, selbsten pfenten und zue deme richter dreiben.

Der 36. articul.

Waß auch sonsten ein gemain oder die nachpaurschaft gegen iren anstößern und andern für beschwörung zue zeiten hetten so hierinnen nit begriffen, sollen sie daßelb deß fürstn castner erstlichen anzaigen, und sover die sach so groß daß castner inen nit wendung darinnen thuen möcht, alßdan sol berüerter castner mit sampt der nachpaurschaft solches ainem ieden vitzdumb grunt deß handelß berichten; derselb vitzdumb soll und wirdt inen gegen meniglichen gueten rucken halten und von niemant wider billigkait dringen noch beschwören laßen. sie solln auch mit und neben einander in gueter ainigkait und nachpaurschaft leben und nit ursach geben mit straff gegen inen zu verfharen.

Actum Wien den letsten dag aprilis in dem fünfzehenhundert und vierundzwanzlgisten jahre.
Standort
Wien | BH: Wien | Bundesland: Wien | Eigentümer: Österreichische Nationalbibliothek | InvNr.: Cod. 15.082 (Suppl. 2153) |
Herkunft / Fundort
Klein-Retz | BH: Korneuburg | Bundesland: Niederösterreich |
nähere Angaben
exaktes Datum: 30. April 1524 | Entstehung: 1524 |
Literaturhinweise
Gustav Winter (Hg.), Niederösterreichische Weistümer. Teil 2: Die Viertel ob und unter dem Mannhartsberg (Österreichische Weistümer 8). Wien-Leipzig 1896, S. 398-404, Nr. 61/I (Edition).

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