Blutungsrecht


Blutungsrecht

Bahrgericht , Bahrrecht , Bahrprobe , ius feretri, ius cruentationis


1) Ein seltsames Gottesurteil  stellte die Bahrprobe dar. Der wegen eines Tötungsdelikts Verdächtgte musste nackt oder im Unterkleid an die Bahre des Opfers treten, den Leichnahm berühren oder die Wunden küssen und seine Unschuld beschwören. Begann die Leiche zu bluten oder traten sonstige Veränderungen ("Verkehrungen") an ihr ein, wies das auf den Probanden als Täter hin. Dies galt auch manchmal als Beweis oder nur als Indiz für die zulässige Folter . Die Initiative zu einer solchen Bahrprobe ging nicht immer vom untersuchenden Gericht aus, sondern oft vom Beklagten oder Verdächtigen in Verbindung mit dem Reinigungseid. In der Rechtspraxis ist die Bahrprobe zahlreich belegt, auch in Hexerei- und Zaubereiverfahren. Im 17. Jahrhundert nahm der Einsatz ab, zu Beginn des 18. Jahrhunderts verschwand sie.

2) Die Bahrprobe wurde erstmals nicht in Rechtsquellen, sondern in literarischen Texten, und zwar im Nibelungenlied (Anfang 13. Jahrhundert - Hagen vor dem Leichnahm Siegfrieds - erwähnt. Seit dem 14. Jahrhundert fand sie im Freisinger Rechtsbuch (1328) und im Stadtrecht von Visby auf Gotland (1341/44), später dann in zahlreichen Rechtsquellen Erwähnung.


<p>1) Schild, Wolfgang, Folter, Pranger, Scheiterhaufen. Rechtsprechung im Mittelalter, Bassermann Verlag, München, 2010. S. 35-36.</p> <p>2) Schild, Wolfgang, Folter, Pranger, Scheiterhaufen. Rechtsprechung im Mittelalter, Bassermann Verlag, München, 2010. S. 35.</p>


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